Thüringen:Der Schiefe Turm von Thüringen

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Das Wahrzeichen von Bad Frankenhausen ist noch schiefer als der Turm von Pisa. Doch dies wird ihm zum Verhängnis.

Nicht nur Pisa hat einen schiefen Turm, sondern auch Bad Frankenhausen in Thüringen. Er gehört zur Kirche "Unser lieben Frauen am Berg".

Ein Neigungswinkel von 4,5 Grad: Der Turm von Bad Frankenhausen droht zu kippen. (Foto: Foto: dpa)

Sie wurde 1383 auf einer Anhöhe erbaut, gehört zum alten Siedlungskern der Stadt am Südhang des Kyffhäusergebirges und ist das Wahrzeichen des Ortes. Touristen, die das Bauwerk sehen wollen, sollten sich allerdings beeilen, denn seine Zukunft ist ungewiss: Thüringens schiefer Turm steht auf der Kippe.

Eigentlich müsste der Kirchturm sogar noch berühmter sein als der Campanile in der Toskana, denn er ist ein halbes Grad mehr aus dem Lot. Das haben Messungen der Universität Magdeburg ergeben, die sogar die Einwohner von Bad Frankenhausen erstaunten.

Noch vor vier Jahren hatte der 56 Meter hohe Turm der eine Schieflage von 3,89 Metern. Im Jahr 1920 waren es sogar erst 2,21. Inzwischen ist der Kirchturm aber um 4,22 Meter aus dem Lot. Das entspricht einem Neigungswinkel von 4,5 Grad.

Nach den jüngsten Untersuchungen des Untergrundes wird der Turm jährlich um weitere sechs Zentimeter nach Nordosten kippen. Fünf Meter Schieflage würde er aushalten - aber das ist reine Theorie.

Schiefster Turm der Welt

Damit macht Bad Frankenhausen dem aktuellen Rekordhalter in Sachen Schieflage Konkurrenz: dem Turm von Suurhusen in Ostfriesland aus dem 15. Jahrhundert.

Er steht im Guinness-Buch der Rekorde als "schiefster Turm der Welt". Das Bauwerk ist 27,37 Meter hoch, sein Überhang vom Dachfirst beträgt 2,43 Meter. Angesichts der geringen Höhe entspricht das einer Neigung von 5,07 Grad.

Der schiefste Turm der Welt steht im ostfriesischen Suurhusen. (Foto: Foto: AP)

Beim Gradzahlen-Vergleich liegt damit Suurhusen vorn. Allerdings ist der Kirchturm von Bad Frankenhausen fast drei Meter mehr aus dem Lot. Nun ist es Definitionssache, den "schiefsten Turm der Welt" zu ermitteln.

Die Schieflage in Suurhusen gilt als ungefährdet und stabil. Der Förderverein zur Erhaltung der Kirche in Bad Frankenhausen arbeitet dagegen noch daran, den schiefen Turm zu erhalten.

"Dass er kippt, ist sicher", prognostiziert Architekt Volker Trautvetter, der das Projekt betreut. Unter dem Turm ist der Boden unterschiedlich beschaffen: Eine Diagonale trennt festen Felsen von Schotter. Aus der losen Hälfte des Bodens haben Niederschläge im Laufe der Jahrhunderte Gips ausgespült. "In diesen losen Untergrund müsste buchstäblich Geld, also Beton, gepumpt werden", sagt Bürgermeister Karl-Josef Ringleb.

Die Stadtführerin Bärbel Köllen ist Vorsitzende des 160-köpfigen Fördervereins, der 1992 zur Erhaltung der Kirche gegründet worden ist. Sie will sich mit ganzer Kraft für den Erhalt das Gebäudes einsetzen, das im Sommer für Freilichtgottesdienste und Konzerte genutzt wird.

Denn ein Dach hat das Kirchenschiff schon seit 1962 nicht mehr. Schwammbefall hatte es damals zerstört. "Aber die Aussicht von der Anhöhe ist einfach grandios", schwärmt Köllen.

Von 1984 bis 1993 war das Gelände gesperrt, zurzeit darf den Turm niemand betreten. Von einem Abriss aber wollen die Menschen nichts wissen: "Wir wünschen uns sogar, dass Touristen wegen unseres schiefen Turms herkommen", sagen Bürgermeister und Stadtführerin.

Der Turm ist übrigens nicht die einzige Attraktion in Bad Frankenhausen. Seit 1989 gibt es im Ort auch das Panorama-Museum mit dem weltweit größten Rundgemälde: Das Werk von Werner Tübke misst 14 mal 123 Meter und zeigt den Bauernkrieg im 16. Jahrhundert.

Informationen: Tourist-Information Bad Frankenhausen, Anger 10, 06567 Bad Frankenhausen (Tel.: 034671 / 717 17, Fax: 034671 / 717 19)

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