SZ-Serie II:Souvenirs, Souvenirs: Der Kaiser-Wilhelm-Badeanzug

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Eine Reise geht so schnell zu Ende. Und die Erinnerungen verblassen auch immer sofort. Also bringen wir jetzt öfter mal was mit.

Helge Sobik

Vorsichtig gesagt entsprechen Design und Zuschnitt nicht mehr ganz dem Geschmack der Zeit. Und Badeanzüge für Männer sind in den meisten Regionen der Welt zudem weitestgehend aus der Mode geraten.

Tollkühne Männer in tollkühner Badekluft: Karl Michael Vogler und Gerd Fröbe in einer Filmszene (Foto: Foto: PA/dpa)

Ein Nachteil ist das nicht - im Gegenteil. Vermutlich ist das sogar ideal, um ein hässliches Kleidungsstück zum begehrten Souvenir zu qualifizieren.

Und es ist Teil der Erfolgsgeschichte von Kirsten Knafve aus dem kleinen Badeort Mölle an der schwedischen Kattegat-Côte: Sie verkauft in ihrem Souvenirladen 100 Kilometer nördlich von Malmö und 22 Meter vom Meer schwarz-weiß-gestreifte Badeanzug-Einteiler im Look der deutschen Kaiserzeit und erfand damit den führenden Mitbringsel-Renner in Mölle.

Fünf Größen hat sie im Angebot, wobei die deutschen Männer der Gegenwart am häufigsten zur XXL-Variante greifen. Schließlich muss der Bauch in der originellen Schwimmkluft komplett mit untergebracht werden.

Der Nachteil dabei, die Badeanzüge sind quergestreift. Längs hätte optisch vorteilhafter gewirkt, aber wäre historisch nicht korrekt. Schön sind die Unisex-Dinger für umgerechnet 38 Euro nicht, ein origineller Spaß trotzdem, ein typisches Mitbringsel von der "Schwedischen Riviera".

Vor gut hundert Jahren war prominenter Besuch in Mölle. Kaiser Wilhelm II. kam 1907 zum Baden hierher, die inzwischen stillgelegte Eisenbahnlinie führte bis fast an den Hafen.

Sonderzüge rollten aus Berlin herbei, Ausflugsschiffe kamen in Flottillenstärke aus Kopenhagen.

"Mölle war damals die Sünde schlechthin", erzählt Kirsten Knafve. Genau das lockte Deutsche einschließlich des Kaisers in Scharen an: "Hier durften Männer und Frauen zu einer Zeit bereits gemeinsam im Meer baden, als das zuhause noch undenkbar war".

Damals Mode und sittsam zugleich: der gestreifte Einteiler.

Nebenbei hat Kirsten Knafve bemalte Leuchttürme aus Lehm, Kutter aus Holz und Strandspielzeug aus Plastik im Angebot.

Doch nichts davon ist so begehrt wie die Kaiser-Wilhelm-Badeanzüge - egal, ob quer- oder längsgestreift. )

© SZ vom 8.6.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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