Sarntal:Gestalten in der Nacht

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Beim Urlaub auf dem Bauernhof im Sarntal können seltsame Dinge geschehen.

Von Hans Gasser

Das Jesuskind in der Krippe hat zu wenige Finger. Abgebrochen im Lauf der Zeit, vom ständigen Hoch und Runter.

Denn es kommt zu Weihnachten in die Mitte des Hochaltars der Pfarrkirche Durnholz. "Das hat mich schon als Kind gestört, diese abgebrochenen Finger", sagt Helmuth Hochkofler. Der gelernte Holzbildhauer ist gerade dabei, die filigranen Fingerchen aus einem kleinen Stück Zirbenholz zu schnitzen, bis Heiligabend muss es fertig sein. "Das wird schon", sagt Hochkofler entspannt, obwohl er neben dem Schnitzen noch Obmann der Musikkapelle, Musiklehrer und natürlich Bauer auf dem Schneiderhof ist - gelegen am Ufer des Durnholzer Sees auf 1560 Meter im hinteren Sarntal.

Eislaufen, Skitouren, oder einfach nur mit Blick auf die Bergwelt frühstücken: der Schneiderhof am Durnholzer See in Südtirol, gelegen auf 1560 Meter. (Foto: Hans Gasser)

Wer in einer der beiden Ferienwohnungen Urlaub macht, die er und seine Frau Maria über die Plattform "Roter Hahn" vermieten, der hat es geschafft. Denn solche Orte findet man im touristisch durchdesignten Südtirol nicht mehr viele: keine Vier-Sterne-Hotels, kein Skigebiet, dafür viele Bergbauernhöfe, die an den steilen Wiesen kleben; unten der zugefrorene See, auf dem man eislaufen kann, oben die weißen Gipfel von Schrotthorn oder Jakobshorn, zu denen man sich bei geeigneter Schneelage mit Tourenskiern direkt vom Schneiderhof aus aufmacht. Die Wohnungen sind gemütlich eingerichtet, die duftende Zirbenholztäfelung im Schlafzimmer hat Helmuth Hochkofler selbst eingebaut. Morgens gibt es einen Frühstückskorb mit Speck, eigener Milch, selbstgemachter Marmelade und Eiern. Abends kann man Hochkoflers Eltern Josef und Regina über die Schulter schauen, wenn sie das Grauvieh im Stall versorgen.

Die sogenannten Klöckler ziehen im Advent im Sarntal von Hof zu Hof. (Foto: Hans Gasser)

Wer aber denkt, die Nacht im Gebirge sei still und ereignislos, der sollte an einem der Donnerstage im Advent herkommen. Da ist Klöcklnacht: Bei diesem alten Winterbrauch ziehen Gruppen von Männern lärmend mit Kuhglocken und Bockshörnern von Hof zu Hof. Sie haben Masken aus Moos, Flechten und Schaffell über dem Kopf, mit langen roten Nasen. In dieser Nacht erscheinen sie auch auf dem Schneiderhof. Sie singen zwei Lieder, in denen sie Glück in Stall und Hof wünschen und "das Unglück hinaus". Die Bauersleute geben ihnen Schnaps und Geldspenden, dann ziehen die Männer weiter. Und so schläft man ein mit Bildern von seltsamen Waldgeistern und fingerlosen Kleinkindern und weiß am nächsten Morgen nicht mehr, was Traum war und was Wirklichkeit.

Helmuth Hochkofler ist nicht nur Bauer am Schneiderhof, sondern auch BIldhauer. Zurzeit schnitzt er dem Jesuskind neue Finger. (Foto: Hans Gasser)

Die Ferienwohnung kostet ab 66 Euro pro Tag, roterhahn.it; www.schneiderhof-durnholz.it

© SZ vom 21.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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