Russen im Winterurlaub:Die neuen Zaren von Zermatt

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Buchungsloch im Januar - das war mal. Russische Touristen sind in den Nobelskiorten der Schweiz hoch willkommen. Schließlich kann sich manch einer Ski mit Diamanten leisten.

Ob Zermatt, St. Moritz oder Gstaad - die Russen sind schon da. Die Schweiz erlebt in diesen Monaten geradezu eine Invasion von Touristen aus dem Osten. Allein im ersten Halbjahr 2006 haben etwa 160.000 russische Staatsbürger in der Schweiz übernachtet, 20 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2005.

"Geld spielt bei den meisten überhaupt keine Rolle", stellt etwa Roger Waber von Schweiz Tourismus fest. Russische Hinweisschilder gehören in Touristenzentren der Schweiz längst zum Alltag. Doch die meisten russischen Touristen verzeichnet kein Wintersportort, sondern Genf.

Von den "Neuen Zaren in Zermatt" spricht die Boulevardzeitung Blick, die berichtet, dass in dem exklusiven Wintersportort auch Ski für 64 .00 Franken (fast 40.000 Euro) angeboten werden - mit Diamanten besetzt.

Die Kostbarkeit ist der Einfachheit halber nur in Russisch beschrieben. In manchen Hotels in Zermatt kommen derzeit 80 Prozent der Gäste aus Russland. Sie haben dort auch am 6. Januar ihre Weihnacht gefeiert.

Da haben die Ortsverantwortlichen den Weihnachtsschmuck natürlich extra lange hängen lassen. "Das Januarloch gibt es nicht mehr - dank der Russen", beschreibt Tourismusdirektor Roland Imboden. Früher standen nach der ersten Januarwoche die Hotels in den Wintersportgebieten der Schweiz weitgehend leer.

Und einen weiteren Nebeneffekt hat die Russeninvasion: Die Geschäftsleute beginnen, wie etwa Sportgeschäftbesitzer Tony Bürer, Russisch zu lernen.

Der Schweizer Tourismus boomt ohnehin: Von Januar bis September 2006 wurden in Hotel- und Kurbetrieben 28,3 Millionen Übernachtungen gezählt, was einem Plus von etwa 5,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht. Ausländer machen mit fast 16,2 Millionen (eine Zunahme von 6,6 Prozent) mehr als die Hälfte dieser Übernachtungen aus.

Und da ragen mit einem Plus von über 17 Prozent auch die Chinesen heraus. Die Schweizer Spitzenhotellerie hat in den vergangenen Jahren mit massiven Investitionen eine Qualitäts- und Imageoffensive gestartet. "Wir sind hervorragend positioniert und werden von der gut betuchten Klientel als erstklassig eingestuft", berichtet etwa Vic Jacob, Präsident der Swiss Deluxe Hotels (SDH).

Von den 143 Millionen Einwohnern Russlands kann sich heute schon etwa ein Drittel eine Auslandsreise leisten. Damit gehört Russland für den Schweizer Tourismus zu den "Top Ten" der ausländischen Herkunftsmärkte und zu den fünf strategischen Entwicklungsmärkten von Schweiz Tourismus (zusammen mit China, Korea, Indien und den Golfstaaten).

Die durchschnittlichen Tagesausgaben russischer Gäste liegen bei 400 Franken pro Person (247 Euro), Gäste aus anderen Teilen Europas lassen dagegen nur 150 bis 250 Franken am Tag im Land. Fast zwei Drittel der Gäste kommen mit Reiseveranstaltern - die wirklich reichen Russen natürlich nicht.

Und es gibt auch noch eine andere, schwierigere Seite des Russen- Tourismus, über die die Verantwortlichen und die Hotelchefs nicht so gerne sprechen: Treten die Russen zu zahlreich auf, dann bleiben die bisherigen Stammgäste, also "das alte Geld" von Adel und Unternehmerdynastien aus Europa schon mal weg.

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