Rodeo in Kanada:"Cityslickers" ohne Chance

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Stetson-Hüte, so weit das Auge reicht, eine ganze Stadt im Wildwest-Fieber. Bei der traditionellen Juli-Stampede in Calgary kämpfen echte Cowboys um ein Rekord-Preisgeld.

Ankunft in Calgary International Airport. Überall sind Männer in Jeans und karierten Hemden unterwegs. Auf dem Kopf tragen sie Cowboy-Hüte und an den Füßen Cowboy-Stiefel.

Wildes Kanada
:Calgary Stampede

Beim tradtionellen Juli-Rodeo treffen sich in der kanadischen Provinz Alberta Hunderttausende von Cowboys - echte und solche, die es gerne wären.

Die Frauen sind ebenso im Western-Stil gekleidet. Den Kuhhirten-Look runden Gürtel mit schweren Schnallen ab, die Stierköpfe, Hörner oder Hufeisen zieren. So sieht es Mitte Juli am Flughafen aus, und erst recht in der Stadt, die im Südwesten Kanadas in den Ausläufern der Rocky Mountains liegt.

Dabei gilt Calgary als eines der ersten Geschäftszentren im Land. In der Stadt mit einer Million Einwohnern haben rund 100 Großunternehmen ihr Hauptquartier, vor allem auch Öl- und Gasunternehmen. Calgary gehört zur Provinz Alberta, die über attraktive Öl- und Gasvorkommen verfügt. Diese machen Alberta zur Boom-Area Kanadas und Calgary zur Boom-Town. Wie die Wolkenkratzer in Downtown die Skyline beherrschen, prägen an sich Herren im Anzug und Damen im Kostüm das Bild. Doch jedes Jahr im Juli tauschen die Männer ihre Krawatten und die Damen ihre Pumps gegen Stetson-Hüte und Stiefeletten ein.

Dann ist Rodeo-Zeit in Calgary und das seit 1923. Seither findet alljährlich das "Stampede" statt - laut Veranstalter eines der feinsten und renommiertesten Sportevents der Welt. Hunderttausende Gäste geben sich hier ihr Stelldichein. Zehn Tage dauert das Spektakel mit Bullenreiten, Planwagenrennen und dem obligatorischen deftigen Pfannkuchen-Frühstück, das zum "Stampede" an allen Straßenecken gratis offeriert wird.

Möchtegern-Cowboys in voller Montur

Klar, dass nicht alle im Western-Outfit sich tatsächlich mit bockenden Pferden, den eigens gezüchteten "Bucket Horses", messen, schnaubende Stiere niederringen oder Jungbullen per Lasso einfangen. Aber beim Look machen alle mit. Die "Cityslickers", wie die echten die Möchtegern-Cowboys nennen, fiebern bei Wettkämpfen in sechs Hauptdisziplinen mit, vergnügen sich auf den vielen Partys oder üben im Saloon Ranchman's den westerntypischen Square Dance.

In der Arena im Stampede Park treten nur die Champions an - Erwachsene wie Jugendliche. "Sie kommen aus ganz Nordamerika und kämpfen um ein Rekordpreisgeld von insgesamt 1,6 Millionen Kanadischen Dollar", erzählt Rodeo-Manager Robin Burwash, früher selbst aktiver Rodeoreiter.

Burwash erzählt davon, dass parallel Viehauktionen und eine Landwirtschaftsmesse laufen. Beides gibt es schon seit 1886. Schließlich ist die Gegend seit Mitte des 19. Jahrhunderts Ranch- und Farmland und ist es trotz Öl-Boom nach wie vor. Die Höfe liegen in den Bergausläufern im Westen und in der Prärie, die sich östlich von Calgary Hunderte von Meilen erstreckt.

Quietschende Räder beim Planwagenrennen

Beim Rodeo im Stampede Park wird gekämpft, dass es nur so staubt. Es geht darum, wer am längsten den bockenden Gaul oder Bullen reitet oder am sichersten Kälber mit dem Lasso einfängt. Als Highlight gelten die Rennen der "Chuck Wagons" beim GMC Rangeland Derby. In den Planwagen gingen dieses Jahr 36 Fahrer an den Start, jagten mit quietschenden Reifen und schnaubenden Pferden um den Parcours, als seien Indianer hinter ihnen her.

Leben wie im Wilden Westen gehört in Calgary und Umgebung zur Tradition. Wenn es auch nicht mehr ganz so wild zugeht wie anno 1875, als die Stadt am Bow River als Fort von der North West Mounted Police gegründet wurde. Wer will, schnuppert daher nicht nur beim Rodeo Western-Luft. Man kann sich auf etlichen Ranches einmieten, dort sogar mitarbeiten oder nur ein bisschen Wildwest spielen. Da passen Westernhut und Cowboy-Stiefel bestens, sind aber kein Muss.

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