Reisebericht:Gepökelte Pinguine

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James Clark Ross/Cornelia Lüdecke (Hrsg.): Eine Entdeckungsreise in die Südpolarregion. 1839-1843. Engl.v. Julius Seybt. Edition Erdmann, Wiesbaden 2014. 448 S., 24 Euro. (Foto: Verlag)

Vier Jahre im Südpolarmeer: Im 19. Jahrhundert bricht James Clark Ross zu einer Expedition auf. Er seziert dabei den Inhalt von Robbenmägen und wundert sich über die Dummheit des Federviehs, das sich so leicht erwischen lässt.

Von Anna Steinbauer

Im Namen des Schreckens und des griechischen Gottes der Finsternis stach am 25. August 1839 eine Polarexpedition von der englischen Küste aus in See. Die beiden Kriegsschiffe mit den martialischen Namen Terror und Erebus waren diesmal allerdings in friedlicher Mission gen Süden unterwegs: Ziel war die wissenschaftliche Erforschung der Antarktis und die Untersuchung des Erdmagnetfeldes. James Clark Ross leitete die Suche nach dem Magnetpol der Südhalbkugel, die als "Magnetischer Kreuzzug" in die Geschichte einging. Dem englischen Seefahrer und Naturforscher gelang ein Rekord: Bei 78° 10' erreichte er 1842 die bis dahin südlichste von Menschen erkundete Region. Das Ergebnis der vierjährigen Expedition waren vor allem die Entdeckung von Süd-Viktorialand und der später nach dem Briten benannten Ross-Inseln. Außerdem gelang es dem Polarforscher, viele magnetische und meteorologische Messungen durchzuführen, zahlreiche Observatorien zu errichten und die unbekannten Regionen naturkundlich zu erforschen.

Ross' originaler Reisebericht von 1847 ist nun in einer gekürzten Übersetzung unter dem Titel "Eine Entdeckungsreise in die Südpolarregion" erschienen. Die Arktisspezialistin Cornelia Lüdecke hat die akribischen Aufzeichnungen und Beobachtungen des Forschers herausgegeben, die erstmals auch originale Zeichnungen und Kartenmaterial enthalten. Ross war der richtige Mann für diese Mission, er hatte bereits an vier Arktisexpeditionen teilgenommen, mehrere Überwinterungen an Bord durchgemacht und 1831 den Magnetpol der Nordhalbkugel entdeckt. Zudem, so liest man aus dem Bericht, waren ihm unverbrüchlicher Optimismus und Arbeitswut eigen. Stürme, Eisberge und Unglücksfälle konnten seinen Erkundungsdrang nicht bremsen. Obwohl ein Expeditionsmitglied über Bord fällt und ertrinkt, ist Ross erfüllt von "einer inniglichen Dankbarkeit gegenüber Gott für die gnädige Erhaltung einer ganzen Bootsmannschaft, die in ihren menschenfreundlichen Bemühungen, ihren unglücklichen Schiffskameraden zu retten, fast selbst ums Leben gekommen wäre".

Penibel führte Ross Buch über sämtliche Messungen, Naturphänomene, unbekannte Pflanzen- und Tierarten. Er sezierte den Inhalt von Robbenmägen und wunderte sich über die Dummheit von Pinguinen, von denen er einige tötete, einpökelte und zur weiteren Untersuchung nach England nahm. Schrecken und Finsternis hinterließ Ross schließlich durch die Benennung zweier von ihm entdeckter Vulkane: Er nannte sie Erebus und Terror.

© SZ vom 21.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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