Pistenverpflegung:Gourmets in Skistiefeln

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Selbstbedienungsrestaurants sind noch immer elementarer Bestandteil des Pistenbetriebs - doch die Nachfrage für gute Küche wächst.

Jana Meduna

Im Norden und Osten: Grau. Im Süden und Westen: Grau. An diesem Tag im Dezember ist das Panorama vor der Glasfassade einheitlich trist. Für graue Tage, in denen der Wind den Schnee vor sich her treibt und Nebelwolken über den Pisten hängen, ist das Panorama-Restaurant am Rand des Mölltaler Gletschers nicht gebaut.

Auf der Terrasse der Kristallhütte in Kaltenbach (Tirol) kann man erstklassige Küche mit Blick auf das Hochzillertal genießen. (Foto: Foto: Kristallhütte)

Die mächtige Konstruktion aus Glas und Stahl in 2800 Metern Höhe ist eher für die glitzernden Tage gedacht, an denen die Sonne über dem Schareck leuchtet. 3123 Meter ist der Gipfel des Skigebietes hoch, die Tourismusvermarkter sprechen gern von "Kärntens höchstem Skivergnügen".

Klaus Laber schaut trotz des Wolkenvorhangs ziemlich vergnügt. Der Küchenchef und Leiter des Selbstbedienungs-Restaurants Eissee war auf dieses Wetter eingestellt. Er muss es ja sein bei seiner wöchentlichen Jonglage mit riesigen Mengen von Fleisch, Salaten, Eiern, Gemüse und Getränken.

Täglich muss er abschätzen, ob eher 450 oder 4500 Gäste in sein gewaltiges SB-Restaurant kommen. Wenn über Mittag das Wiener Schnitzel ausginge, wäre das eine Katastrophe, meint Laber. "Deshalb", sagt er, "sehe ich den Wetterbericht öfter an als meine Frau".

Der 41-Jährige hat sich im Nichtraucherzimmer an einen der Holztische gesetzt. Das gläserne SB-Restaurant ist modern eingerichtet, hier ist Zweckmäßigkeit wichtiger als Gemütlichkeit. Ein Teil des Bodens besteht aus Granitstein, der andere aus Teppichware, die gelben Sitzpolster sind leicht abwaschbar, unter dem Glasdach verlaufen dicke Belüftungsrohre, an der Wand hängen die Gemälde eines jungen Kärntner Künstlers.

Laber hat sich mit der Großküche erst anfreunden müssen. Gelernt hat der Kärntner in einem Vier-Sterne-Betrieb im Tal. "Beim Würzen der Speisen ging die Menge von Prise auf Faust, das war eine große Umstellung", sagt er.

Wie aber passt das zusammen? Qualitätsküche und SB-Restaurant? Kreatives Kochen und Schnelligkeit? Massenverköstigung, die nicht nach Kantinenküche schmeckt? Alles eine Frage der Organisation, glaubt Laber, wichtig sei zum einen die Qualität der Produkte, zum anderen das rationelle Arbeiten, "kein Weg umsonst".

Das beginnt bei Kalkulation, Bestellung und Transport. Am Morgen, bevor die Ski- und Snowboardfahrer die Plätze der Stollenbahn besetzen, werden die Waren von 1200 auf 2200Meter Höhe gefahren und dann in die Sechsergondel der Eisseebahn geladen, die "zum höchst gelegenen Wintergarten Österreichs" führt, wie Martha Schultz das Gletscherrestaurant nennt.

"Der Wellnessgedanke hat sich auch auf die Pisten übertragen. Die Skifahrer wollen nicht mehr nur Erbsensuppe mit Würstchen von Aldi, sondern hochwertiges Essen. Handgemachte Erbsensuppe und Würste vom Fleischer aus der Region", sagt die Geschäftsführerin der Seilbahnbetriebe am Mölltaler Gletscher. "Aber die Gäste wollen auch, dass es flott geht."

Das Gletscherrestaurant soll die Massen bedienen, die in Skistiefeln Tabletts mit Apfelstrudel und Kaffee oder Gulaschsuppe zu ihren Plätzen tragen. Ob die Porzellantassen dabei überschwappen, und die Tabletts bekleckern, ist nicht so wichtig. Wichtig aber, betont Laber, sei die leichte Küche, schwere Mehlpampfsoßen wolle keiner mehr essen, dafür würden regionale Speisen wie Tauernlamm oder -rind bevorzugt.

Am Buffet des Eissee-Restaurants stehen 14 Salate zur Auswahl, dazu Kürbiskern- oder Olivenöl, Balsamico und mehrere Karaffen mit Dressingsoßen. Torten, Tiramisu und Topfenstrudel sind hausgemacht, in der Großküche auf 2800 Metern Höhe. Brot, Semmeln und auch das Weihnachtsgebäck hat Laber ebenfalls dort zubereitet. Geschmacksverstärker, behauptet der Koch, benütze er nicht, auch kein Glutamat zum Gemüse.

Und auf den Hinweis nach dem doch etwas üppigen Preis von 7,70 Euro für ein Paar Frankfurter Würstchen mit zu schlaffen Pommes antwortet er, dass man erstens den Transportweg vom Tal zum Gletscherrand bedenken müsse und zweitens die Tatsache, dass die Würstchen aus einer regionalen Fleischerei stammen.

Umfrage: Pisten-Verpflegung wird immer wichtiger

Laut der Studie "T-Mona, Urlauber in Österreich", die von der Österreich-Werbung in Auftrag gegeben wurde, ist den Gästen die Verpflegung auf den Pisten in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden. In der Top-Ten der ausgeübten Tätigkeiten im Winterurlaub gaben 69 Prozent der 10.500 im Winter befragten Touristen das Skifahren an, 66 Prozent das Ausprobieren von regionaltypischen Speisen und Getränken.

Etliche Skigebiete wie etwa Kitzbühel oder Ischgl haben sich mit exquisiten Hütten und Angeboten auf den Pisten längst auf die gestiegenen Ansprüche eingestellt. Im Zillertal kreiert Drei-Sterne-Koch Mario Lohninger Menüs. In der Steiermark haben sich auf der Planei 13 Hütten zusammengetan, die sich Genussspechte nennen.

Der Tiroler Skiort Sölden bietet unter dem Stichwort Gourmet-View auf der Aussichtsplattform am Gaislachkogel auf Vorbestellung wahlweise Austern mit Champagner oder Ötztaler Marinde, eine traditionelle Nachmittagsjause mit Speck und Käse. Im Januar kocht dort zudem Sarah Wiener im Gletscherrestaurant Goldene Gams. Das Wochenende Ski&Gourmet samt Skipass gibt es zum Paketpreis für 259 Euro.

Und im Tiroler Skiort Serfaus entstand an der Mittelstation der Komperdell-Seilbahn vor drei Jahren die exklusive Skilounge mit offenem Kamin und roten Ledercouches, in der die Gäste als erstes die klobigen Skischuhe gegen leise Filzpantoffeln tauschen und dann exklusive Weine samt Zigarren aus dem Humidor bestellen können.

Restaurantleiter Hansjörg Thurnes bestätigt, "dass der Wintergast in den vergangenen Jahren mehr Wert auf gute Qualität beim Essen legt". Der Gast sei zudem flexibler als früher, esse an einem Tag Hamburger und besuche am nächsten Tag das teuerste Lokal mit gutem Wein.

Daher, findet Thurnes, "stehen die Selbstbedienungshütten auf den Pisten nicht im Widerspruch zum Exklusivitäts-Trend - solange die Qualität und das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmen". Das sieht der Chef der edlen Bar nicht anders als Klaus Laber in seinem SB-Glaspalast.

© SZ vom 20.12.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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