Neues Buchungssystem der Bahn:Klick in die Ratlosigkeit

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Bislang schreckten uns die seltsame Sprache und die Tarifbürokratie der Bahn eher ab. Aber mit dem neuen Buchungssystem soll doch alles besser werden - oder? Ein Versuch.

Berit Uhlmann

Zugegeben: Unsere bisherigen Versuche, auf bahn.de eine Fahrkarte zu kaufen, waren eher selten, und noch seltener war ihnen Erfolg beschieden. Irritiert vom seltsamen Bahn-Vokabular und der Vielzahl der Tarife hatten wir uns meist in den Tiefen der Buchungsmöglichkeiten festgefahren und weder vor- noch zurückgefunden.

Verzweigungen, Abweichungen, unbekannte Wege: Es ist nicht leicht, beim Ticketkauf den Überblick zu behalten. (Foto: Foto: AP)

Wahrscheinlich ging es mehreren Bahnkunden so - denn die Bahn hat am Wochenende ihren Fahrkartenverkauf im Internet vereinfacht. Vergeblich hatte das Unternehmen zuvor versucht, teure Bedienzuschläge am Bahnhofsschalter einzuführen und somit mehr Menschen zum Internet-Kauf zu animieren. Nun probiert sie es mit einem benutzerfreundlicheren Buchungssystem.

Und so starten wir auf www.bahn.de eine Suchanfrage für die einfache Fahrt vom oberbayerischen Eching nach Heidelberg. Während das System für Heidelberg sinnvollerweise den Hauptbahnhof als Haltestelle vorschlägt, hält er Eching - eine 13.000-Seelen-Gemeinde bei Freising - offenbar für eine Megacity und verlangt nachdrücklich eine genaue Angabe des Startpunktes: Aus nicht weniger als 23 verschiedenen Haltepunkten soll der Kunde wählen.

Diese sind nicht alphabetisch geordnet und die sinnvollste Haltestelle, nämlich der S-Bahnhof, ist gar nicht dabei. Stattdessen muss der Bahnfahrer sich zwischen Bahnhof Ost-, Nord- und Südseite entscheiden. Der Echinger kann sich vorstellen, dass mit den pompösen Ausdrücken wohl nur die Aufgänge zu den zwei S-Bahnsteigen gemeint sein können. Der Ortsfremde aber dürfte bereits an dieser Stelle überfordert sein.

Wir nehmen die Hürde, und erstaunlich schnell bietet das System verschiedene Verbindungen an. Auf der Suche nach den Fahrplandetails klicken wir intuitiv auf die farblich hervorgehobenen Icons, sie heißen "Mobilcheck" und "Umweltmobilcheck". Die beiden Symbole zeigen - sofern wir das richtig interpretiert haben -, was eine Autofahrt nach Ansicht der Bahn kosten würde, eine Information, die an dieser Stelle nicht wirklich interessiert.

Auf Seite 2: Sorge um die Datensicherheit.

Am Ende finden wir heraus, dass ein Klick auf einen mausgrauen Pfeil den genauen Fahrplan zum Vorschein bringt. Und auch hier wieder: Eine Fülle von Details. Obwohl die Voreinstellung der Suche eine Fahrradmitnahme ausschloss, werden unentwegt Tipps zum Radtransport gegeben und dazu kryptische Bemerkungen wie diese: "Fahrzeuggebundene Einstiegshilfe: Anmeldung 01805-512512 *".

Wo waren wir stehengeblieben? Sparangebote prüfen. Das geht schnell und einfach. Wir klicken auf "Buchung".

Voreingestellt ist die Buchung mit Sitzplatzreservierung. Der Preis "pro Platz und Richtung: 2,00 EUR". Heißt das pro Zug oder pro Gesamtstrecke? Wir probieren es mit "weiter" und erhalten einen Sitzplatz für den ICE, nicht aber für die anderen Züge. Warum das so ist, verstehen wir nicht, nehmen es aber einfach mal hin.

Als Nächstes will die Bahn eine "City mobil Option" verkaufen. Soweit wir es verstehen, gibt es dort eine Busfahrkarte für den Zielort - eigentlich ein sinnvoller Service - doch angesichts des merkwürdigen Ausdrucks klicken wir die Option spontan weg. Alles in allem sind wir bis dahin aber zufrieden mit dem System.

Bei der eigentlichen Buchung allerdings sind wir ernsthaft irritiert: Man möchte uns als Ticket-Inhaber im Zug identifizieren können. Wir sollen schon im Vorfeld festlegen, ob wir uns per Bahncard, EC- oder Kreditkarte ausweisen wollen und entsprechende Daten hinterlegen. Bei der Bezahlung sind dann noch einmal Kontoangaben fällig.

Was soll das? Müssen sensible Daten unnötig oft preisgeben werden? Darf jeder Schaffner Kreditkarten einsehen? Wird die Nummer vielleicht sogar auf die Fahrkarte gedruckt? Die Informationen, die die Bahn über das Online-Ticket zur Verfügung stellt, helfen nicht weiter. Eine Telefonnummer für Nachfragen finden wir nicht.

Wir denken an die vielen Nachrichten über Datenklau und brechen den Kauf ab. Vielleicht ist dies übertrieben, vielleicht haben wir das Ganze nicht richtig verstanden. Doch im Grunde genommen sind wir mit unserer Ratlosigkeit wieder beim alten Problem angelangt: der mangelhaften Informationspolitik der Bahn.

Insgesamt ist das Buchungssystem zwar deutlich übersichtlicher geworden. Die meisten Voreinstellungen sind sinnvoll, der "Weiter"-Button, den man früher suchen musste, ist jetzt rot und damit rasch zu finden. Das System ist erfreulich schnell. Aber am Ende bleibt die Bahn für Seltenfahrer wie uns ein Mysterium, das man im Zweifelsfall meidet.

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