Langlauf und Biathlon:In James Bonds Spuren

Lesezeit: 4 min

Ambitionierten Langläufern und Biathleten ist Obertilliach im Osttiroler Lesachtal schon lange ein Begriff. (Foto: Osttirol)

Obertilliach war Drehort für den neuen 007-Film. Das Osttiroler Dorf ist Biathleten und Langläufern schon lange ein Begriff, dank abwechslungsreicher Loipen und Schießstand.

Von Johanna Pfund

Ab heute wird Obertilliach weltweit zu sehen sein. Im neuen James-Bond-Film. Denn der ewig aktuelle britische Agent kämpft sich in "Spectre" durch Mexiko, über den Ötztaler Gletscher - und durch die denkmalgeschützten Häuser von Obertilliach. So viel öffentliche Aufmerksamkeit genießt das Osttiroler Dorf selten. Zuletzt vielleicht im Winter 2014, als die Region unter unglaublichen Schneemassen versank und jeder dachte, dort kommt nie wieder jemand raus. Dabei ist der Ort im Lesachtal, nahe der Grenze zu Südtirol, Wintersportlern schon lange bekannt: Es gibt endlos lange Loipen, das kleine Skigebiet Golzentipp und das Biathlon-Zentrum Obertilliach.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Auf 1450 Metern Höhe liegt meist Schnee, und die Höhe verbessert den Trainingseffekt. Sogar der norwegische Biathlet Ole Einar Bjørndalen hat seinen Wohnsitz hierher verlegt. Man muss aber kein Profi sein, um das zu genießen und es muss auch nicht viel Schnee liegen - ein bisschen Loipe kriegen die Osttiroler immer hin.

Wie in der jüngsten Wintersaison. Es liegt wenig Schnee, es hat in der Nacht geregnet und trotzdem sieht die Loipe einladend aus. "Schauen wir mal", sagt Trainer Virgil Schneider, dessen Job es ist, die Skating- und Schießkünste von Kindern und Erwachsenen aufzubessern. Wintersportler können sich hier auch im Biathlon versuchen, eine Möglichkeit, die selten geboten wird. Kurz unterhält sich Schneider noch mit seinen Kollegen im Biathlon-Zentrum darüber, wie die Loipen für den bevorstehenden Wettkampf, die Tour de Ski, noch irgendwie vernünftig präpariert werden können. Und auch der James-Bond-Hype, der in diesem Januar dank all der Container rund ums Zentrum nicht zu übersehen ist, kommt kurz zur Sprache. Für die Obertilliacher kein Grund, in Hysterie zu verfallen. Wird schon vorübergehen mit dem James Bond. "Wir sind Tourismus-Handwerker hier, keine Industrie", sagte doch Tourismuschef Hansjörg Schneider so treffend am Vorabend. Das gilt auch für Langlauflehrer Virgil Schneider.

Er lässt ein paar Probeläufe machen, um das Können von Kindern und Erwachsenen einzuschätzen. Einen Langlaufski raus aus der Spur, anschieben und die Balance behalten. Sobald die ersten Übungen überstanden sind, geht es raus auf die freie Wildbahn, sprich Loipe. Dort drehen schon die ersten Biathlon-Teams ihre Runden. Die Frage ist, ob man sich von diesen Profis frustrieren oder inspirieren lässt. Mit den Skatern den Berg rauf, das sieht bei den jungen Profis so aus, als wären sie mit den Skiern an den Füßen geboren. Nun gleiten die Biathleten hin zum Schießstand, geben ein paar Schuss ab, und weiter geht's. Sieht aus wie im Fernsehen.

Welche Kunst aber hinter dem Biathlon steckt, erfährt man schnell. "Wollt ihr?", fragt Schneider nach der ersten intensiven Runde Skating-Technik. Natürlich. Schneider holt eine junge Kollegin, die am Rand des riesengroß wirkenden Schießstands Matten auf den Schnee legt und ein kleines Holzgestell platziert, auf dem man den Gewehrlauf auflegen kann. Für Kinder eine aufregende Sache und auch eine, die sie gerne machen. Wann schon kann man sich mit Langlaufski an den Füßen in Bauchlage auf die Matte werfen, das Gewehr nehmen, anlegen, zielen, abdrücken? Und vielleicht auch treffen? Im Stehen mit einem Kleinkalibergewehr ist das schwierig. Während bei der jungen Osteuropäerin zwei Stände weiter die meisten Schüsse sitzen, klappen bei den Gästen die Scheiben selten runter. Virgil bemerkt lapidar: "Hineingezittert."

Mit dem VW-Bus geht es hinauf zur Höhenloipe

Aber es gibt ja noch anderes zu tun. Die 60 Kilometer lange Grenzlandloipe, die am Biathlon-Zentrum vorbeiführt, hat alles, was Anfänger wie Fortgeschrittene schätzen. Anstiege, Abfahrten, steile Kurvenpassagen, gemütliche Abstecher. Mal führen die Spuren einen Bachlauf entlang, mal über Wiesen - es ist ein Bilderbuch-Idyll.

Und das nicht nur draußen in der Landschaft. Obertilliach hat den Charme eines Bergdorfes bewahrt. Die Häuser, oft aus Holz, stehen eng beieinander, die meisten wirken, als stünden sie seit Jahrhunderten unverändert an ihrem Platz. Hotelburgen fehlen, dafür gibt es noch Landwirtschaft im Dorf sowie kleine Hotels und Gasthäuser, die Wert auf regionale Produkte legen.

Passend zur Idylle gibt es im Ort den letzten Nachtwächter Österreichs, der zweimal pro Woche am Abend singend seine Runde durchs Dorf dreht. In einem früheren Leben war Nachtwächter Helmut Egartner mal Fernfahrer. Aber er macht auch als Nachtwächter eine gute Figur, in der Lodenkotze, mit der Laterne in der Hand, wenn er mahnt: "Achtet aufs Feuer und aufs Licht." Die Dreharbeiten für den James Bond macht er auch verantwortlich für den ungewöhnlichen Januarregen: "Das letzte Mal, als sie hier in Obertilliach gedreht haben, für den Film , Miracle', da hat es auch im Januar geregnet."

Und wenn es regnet, dann muss man als Wintersportler höher hinauf. Dafür hat sich Heinz Bodner, seines Zeichens Geschäftsführer des Dorfberglifts in St. Oswald am Eingang des Lesachtals, und zugleich Gastwirt und Taxiunternehmer etwas ausgedacht, in guter Osttiroler Handwerkstradition: Er kutschiert die Langläufer über eine Forststraße hinauf zur Dorfbergloipe, die sich zehn Kilometer lang über das Hochplateau oberhalb des kleinen Skigebiets zieht. "Ich fahre nur, wenn es sicher ist", versichert er. Der Pistenraupenfahrer hat auf dem Plateau perfekte Spurarbeit geleistet. Die Loipe zieht sich über verschneite Almwiesen, durch Wäldchen, Hinweisschilder lenken zu Aussichtspunkten. Die Dolomiten recken im Südwesten ihre Gipfel in den Himmel, zum Greifen nah scheinen sie zu sein. Es ist niemand oben an diesem Tag, nur drei Skitourengeher ziehen vorbei, ansonsten ist alles einsam. Und wie Handwerker so sind, so hat auch Bodner sich ausgedacht, wie man wieder runterkommt: Entweder holt er die Gäste oben ab, oder man kratzt mit den Langlaufskiern vorsichtig die Piste runter. Ganz nach Geschmack. Und auf jeden Fall ein einzigartiger Ausflug. So schön hat es der James Bond wohl nicht.

Infos: www.osttirol.com, www.obertilliach.at, www.langlaufen-osttirol.com, Unterkunft: www.hotel-weiler.at

© SZ vom 05.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: