Kooperationen:Flucht nach vorn und in Synergien

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Enormer Kostendruck lässt Billigcarrier auf Partnersuche gehen / Gemeinsame Service-Center, Reservierungssysteme und Marketingaktivitäten

CATHARINA PUPPEL

Sie plaudern gern in Talkshows und lieben es, ihre Einigkeit zu demonstrieren: Air Berlin-Chef Joachim Hunold und Ex-Formel- 1-Fahrer Niki Lauda, Gründer der österreichischen Billigfluglinie Niki. Vor gut einem Jahr schlossen sich die beiden Airline-Lenker zusammen, um besser in der Konkurrenz der kostensensiblen Low-Cost-Carrier bestehen zu können. Mit Blick auf die Wachstumsstrategie ist die gemeinsame Bestellung von 70 Airbus A320 bislang der wichtigste Schachzug der zwei erfahrenen Airliner.

Hunold und Lauda - gemeinsam ans Ziel? (Foto: Foto: DDP/DPA)

Inzwischen sind jedoch auch andere Carrier dabei, mit gebündelten Kräften Kosten zu sparen oder gar ganz zu fusionieren. So ist der jüngst erfolgte Zusammenschluss der Germania Express (gexx) mit der Münchner dba der mögliche Auftakt zu einer lange erwarteten Konsolidierungswelle auf dem hart umkämpften Billigflugsektor. Branchenkenner loben dabei das Geschick von Germania-Eigner Hinrich Bischoff, dem es binnen anderthalb Jahren gelang, seine aus Fokker 100 bestehende gexx-Flotte und ihr innerdeutsches wie innereuropäisches Streckennetz für einen Partner derart attraktiv zu machen. Nur um seine Flugzeuge unterzubringen, habe der sonst mit Flugzeugleasing gutes Geld verdienende Bischoff überhaupt den "Ausflug" in das Low-Fare-Segment gewagt, heißt es.

Dba-Eigner Hans Rudolf Wöhrl kann die Strategie Bischoffs nur recht sein. Denn mit der Übernahme der zwölf Fokker der gexx - drei weitere sind derzeit noch an Air Berlin verleast - schaltet er einen Konkurrenten aus und verdoppelt nahezu die Größe seiner Flotte. "Die 100-sitzigen Fokker können künftig zur schwächer ausgelasteten Mittagszeit und zum Aufbau neuer Strecken genutzt werden", erläutert ein dba-Sprecher. Doch nicht nur die Flugzeuge, auch die Streckennetze beider Carrier ergänzen sich. Dba flog bislang vor allem innerdeutsch und bot darüber hinaus Verbindungen nach Ibiza und Nizza an. Gexx bringt neben Deutschland-Routen ein Netz von sieben, auch für Geschäftsreisende interessanten europäischen Destinationen mit, die von vier deutschen Flughäfen angeflogen werden.

Da Wöhrl den gesamten operativen Flugbetrieb übernehmen wird, erhält die zusammengelegte Airline zum Beginn des Sommerflugplans das dba-Geschäftsmodell: Oneway-Tickets zu Preisen ab 15 Euro und einen flexibel umbuchbaren Business-Tarif zu 175 Euro (jeweils plus Steuern und Gebühren). Gexx geht damit komplett in der dba auf. Das Geschäftssystem des Berliner Billigfliegers, das durch Oneway-Fixpreise je nach Strecke zwischen 77 und 111 Euro gekennzeichnet war, gibt es künftig nicht mehr. In der Vergangenheit deuteten immer wieder gestrichene Flüge darauf hin, dass die Auslastung der gexx-Maschinen zuweilen nicht den Erwartungen entsprach. Die dba verspricht ihren Kunden nun auf allen Strecken Planungssicherheit.

Indes streckt Germanwings, der Low- Cost-Ableger der Lufthansa, die Fühler ebenfalls nach möglichen Kooperationspartnern aus. Dabei ist allerdings nicht an einen Zusammenschluss, sondern vielmehr an ein paneuropäisches Netzwerk gedacht. Neben einer eher losen Kooperation mit der British-Midland-Tochter BMIBaby hat der Kölner Carrier dazu seit Januar eine Zusammenarbeit mit Centralwings, der Billigfliegertochter der polnischen Lot, vereinbart.

Die 100-sitzigen Fokker von Gexx wurden von der DBA übernommen. (Foto: Foto: DPA)

Erste Schritte sind der Austausch von Marketingflächen und Buchungsmöglichkeiten auf der Website des Partners. "Besonders im IT-Bereich lassen sich Synergien nutzen", erklärt Germanwings- Geschäftsführer Andreas Bierwirth. Ein gemeinsames Service-Center und dasselbe Reservierungssystem sind bereits greifbare Vorteile. Weitere Kosteneinsparungen sollen durch gemeinsame Marketingaktivitäten in Drittmärkten und den gebündelten Einkauf von Service- Leistungen an ausländischen Airports erzielt werden.

Schon bei der Gründung der Centralwings hat Germanwings Modell gestanden und Unterstützung geleistet. Entsprechend einfach ist es nun, die Aktivitäten in Marketing und Vertrieb zu bündeln. Auch das Tarifsystem und die Preissteuerung sind aneinander angelehnt. Wie bei Germanwings sind auch bei Centralwings Oneway-Tickets ab 19 Euro zu bekommen.

Gemeinsam bieten beide Airlines Verbindungen von Köln/Bonn, Hannover, Stuttgart und Nürnberg Richtung Krakau, Warschau und Kattowitz an. Größten Wert legt Bierwirth darauf, dass durch die Kooperation keine zusätzlichen Kosten entstehen: "Wir haben jetzt einen polnisch sprechenden Servicemitarbeiter, das ist alles." Den Know-how- Transfer zu den Polen lassen sich die Kölner wohl gut bezahlen. "Schließlich soll die Kooperation auch finanziell Spaß bringen", meint Bierwirth.

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