Klimaschutz:Urlaub, aber wie?

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Reisen in Zeiten des Klimawandels: Wer die Natur wirklich schützen will, muss zu Hause bleiben - da hilft auch kein Öko-Tourismus.

Petra Steinberger

Prinz Charles hat es nicht leicht. Um seine CO2-Bilanz zu verbessern, wollte der britische Thronfolger für seine bevorstehende Karibikreise auf das Fliegen verzichten und stattdessen mit einer Yacht von Insel zu Insel schippen. 40 Prozent Kohlendioxid würde er damit einsparen, eine ganz vorbildliche Bilanz.

Flugzeuge belasten die Umwelt. Auf den Kilometer gerechnet zwar weniger stark als Schiffe - dafür aber fliegen sie um ein Vielfaches weiter. Fünf Prozent der jährlichen CO2-Emissionen gehen auf das Konto des Tourismus. (Foto: Foto: dpa)

Leider haben Umweltschützer nun ausgerechnet, dass das gar nicht der Fall ist. Der arme Prinz habe sich verrechnet, die angemietete Yacht werde für diese Reise soviel CO2 produzieren wie ein paar hundert Flüge von London nach New York.

Langsame Schiffe machen Dreck. Und große Schiffe auch. Wer meint, mit seiner nächsten Kreuzfahrt die Umwelt zu schonen, sollte sich die Rechnung genau anschauen. Kreuzschiffe produzieren 0,43 Kilogramm CO2 pro Passagier und Meile, Flugzeuge 0,257 Kilogramm. Natürlich darf man nicht vergessen, dass man mit dem Flugzeug meist viele tausend Meilen mehr zurücklegt als mit dem Schiff oder dem Auto. Dann relativiert sich die Rechnung wieder.

Doch der gesamte CO2-Ausstoß, den Millionen Menschen jedes Jahr auf der Suche nach Erholung erzeugen, wird durchs Rechnen nicht weniger. Tourismus, und dabei vor allem die Reise als Akt der Bewegung von einem Ort zum anderen, ist nun mal klima- und umweltschädlich.

Fünf Prozent, war das Fazit einer Konferenz der Welttourismus-Organisation im Herbst, trägt die Branche zu den jährlichen CO2-Emissionen bei. Man müsste sein Zuhause viele Jahrhunderte mit Energiesparlampen beleuchten statt mit Glühbirnen, um den Ausstoß zu neutralisieren, den der letzte Familienurlaub in die "DomRep" gekostet hat.

Schon als das Klima noch kein großes Thema war, machten sich Umweltschützer Sorgen darüber, was der Tourismus wohl anrichtete mit der Natur. Bettenburgen, die ökologisch sensible Küsten und Schwemmgebiete zubetonierten, trampelnde Massen in den letzten Urwäldern, nicht zu vergessen die sogenannten Individualreisenden, die sich über die Masse stellten und ihren Dreck eben an unzugänglicheren Orten hinterließen - in der demokratischen Konsumgesellschaft war die Sehnsucht der Menschen nach dem Anderswo geradezu selbstzerstörerisch geworden.

Aber Daheimbleiben ist, bis für einige selbstkasteiende Puritaner, wohl keine realistische Alternative. Zumindest bis zu jenem Zeitpunkt, da die Klimaschäden nicht mehr zu übersehen sind. Schlecht fühlen will man sich so schnell nicht, schon gar nicht im Urlaub. Also wurde der Öko-Tourismus erfunden, und alle waren zufrieden.

Heute kann man ökologisch wertvoll auf Luftbrücken durch den Dschungel von Costa Rica wandern und etwas über Nachhaltigkeit lernen. Man kann die Massai in Kenia besuchen und sich darüber freuen, etwas zum Erhalt ihrer Kultur und ihrer Umwelt beigetragen zu haben. Luxushotels installieren Sonnenkollektoren, bitten darum, weniger oft die Handtücher zu wechseln und führen ein No-Waste-Regime ein. Fluglinien verkaufen CO2-Kredite, mit denen man seine Flugmeilen durch Aufforstungen in Sierra Leone neutralisieren kann.

Natürlich ist das besser, als nichts zu tun. Richtig angelegt, meinen die Befürworter, schütze nachhaltiger Tourismus die Umwelt - weil diese ein profitables Produkt nur so lange bleibt, wie ihr Zustand gut ist; weil der Öko-Tourismus Staaten dazu bringe, sich ihrer anzunehmen.

Es gibt Geschäftsleute, die das schlechte Gewissen ihrer Kunden ausnutzen. "Greenwashing" nennen es Kritiker, wenn sich Reiseunternehmer oder Staaten einen ökologisch anmutenden Anstrich geben, den sie nicht einhalten. Außerdem könnte wohl kein westlicher Öko-Tourist je so leben wie die zu besichtigenden Ureinwohner, er braucht in Dürregebieten Wasser für die tägliche Dusche und sauberes Essgeschirr und anderen unverzichtbaren westlichen Komfort. Und auch ein Öko-Tourist, wenn er in der Masse auftritt, macht einen Höllenlärm, verschreckt Tiere, verändert ihre Wanderrouten.

Um die Folgen selbst der bestgemeinten, vorsichtigsten Naturreisen dreht sich auch die Diskussion über eine neue Unterart des Öko-Tourismus - der Trend, jene Naturphänomene und Tiere zu besichtigen, die es bald nicht mehr geben wird: Eisbären und Eisberge, Galapagos-Schildkröten, die letzten Gletscher, all die Inseln, die im Meer verschwinden. Soll man Reisen in solche gefährdeten Gebiete verbieten? Oder soll man Besucher dorthin reisen lassen in der Hoffnung, sie zum Schutz solcher Orte zu inspirieren? Man kann Tiere und Orte auch zu Tode lieben.

Wäre all das gelöst, bliebe immer das Problem des Transports. Flugreisen sind ökologisch eine Katastrophe - da kann es geradezu umweltbewusst sein, zur Party nach Malle zu fliegen statt ökologisch wertvoll nach Namibia. Und Wochenendstädtereisen? Kulturell erhebend, ökologisch ein Desaster.

Doch was soll dann aus jenen Ländern werden, die auf den Flugverkehr angewiesen sind, um die Touristen überhaupt ins Land zu bekommen, wie die Seychellen, die Malediven und viele Länder Afrikas? Das Ende ihrer Tourismusindustrie wäre der komplette wirtschaftliche Ruin. Nur eben schon jetzt anstatt in 20Jahren, wenn der Klimawandel unumkehrbar geworden ist.

© SZ vom 5.3.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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