Klettern:Im Wald der Stehaufmännchen

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Bouldern - Klettern an Felswänden in Absprunghöhe - ist der neue Trendsport. Im französischen Bleau, dem bekanntesten Boulder-Gebiet, besteht Suchtgefahr.

Alexander Rochau

Die Kleinstadt Fontainebleau - unter Boulderern besser bekannt als "Bleau" - liegt etwa 50 Kilometer südlich von Paris. Obwohl die Wälder der Region nicht rein natürlichen Ursprungs sind, sind sie seit 150 Jahren ein beliebtes Erholungsgebiet der Pariser Bevölkerung.

Übereinander, verkeilt, gestapelt: die Felsen von Bleau haben es in sich. (Foto: Foto: Rochau)

Doch Achtung: Es besteht Suchtgefahr nach dem Ort! Der Auslöser dafür liegt mitten in den riesigen Wäldern - 25.000 Hektar - rund um Fontainebleau. Ein bis sechs Meter hohe Felsblöcke auf sandigem Untergrund lassen eine Art "Beach-Atmosphäre" aufkommen.

Fehlen eigentlich nur die Cocktails! Aber auf die sollte man natürlich verzichten, denn die Routen sind nicht ohne und ziemlich hoch.

Die Fahrt nach Bleau ist relativ einfach. Selbst wenn man in Frankreich auf die Autobahnen verzichtet, legt man die 800 Kilometer ab München in etwa acht bis neun Stunden zurück.

Fiebern auf der Biwakwiese

In Bleau angekommen, hat man viele Möglichkeiten, die Nacht zu verbringen. Hotels, Pensionen, Appartments, Campingplatz, oder eine kostenlose und extra für die Kletterer geschaffene Biwakwiese mit Waschmöglichkeit.

Hier trifft man alle Nationalitäten und es kommt bereits eine Art Camp-Feeling auf, das einen auf den ersten Klettertag hin fiebern lässt.

9 Uhr: Aufstehen! Nur keine Hektik - man ist ja im Urlaub! 11 Uhr: Abmarsch ins erste Bouldergebiet, das zu Fuß sehr gut zu erreichen ist. Dreißig Minuten geht es durch einen sehr schönen Wald aus Eichen, Kiefern und Buchen - und auf einmal Sand! Sehr viel Sand!

Enorme Menge Sand

Wo kommt der Sand nur her? Erklärung: Vor langer Zeit war Europa noch zum Teil durch Meer bedeckt. Dazu gehörte auch das "Pariser Becken", welches seinerzeit eine Meerbucht war. Später zog sich das Meer aus diesem Bereich zurück. Was blieb, war eine enorme Menge Sand, die zum Teil bis zu 60 Meter dick und von einer flachen Schicht Wasser bedeckt war.

Durch das spätere Austrocknen des Sees setzten Prozesse ein, die aus dem Sand eine feste Gesteinsschicht werden ließen. Im Laufe der Jahre wurden durch Erosion die weicheren Gesteinsschichten abgetragen und es entwickelten sich Risse und Täler.

Was hiervon wiederum blieb, waren Sandsteinplateaus, aus denen mit fortschreitender Zeit immer wieder Brocken herausbrachen. Daraus ist das wohl weltweit beste und bekannteste Bouldergebiet entstanden.

Zurück zum Klettern: Felsblock an Felsblock - nebeneinander, übereinander, verkeilt, gestapelt oder einfach nur rumliegend. Auf geht es!

Arme dick, Seele zufrieden

Routensuche. Die Wege sind hier farblich markiert. Weiß, Gelb, Orange, Blau, Rot und Schwarz kennzeichnen die Schwierigkeitsgrade von einfach bis sehr schwer. Dabei ist am Ende jeder Route ein Pfeil zur nächsten Route des gleichen Schwierigkeitgrads aufgemalt.

Also zum Beginn: Orange, zum Einklettern. Doch schnell folgt Ernüchterung: Orange hat es in sich!

Nach einem anstrengenden Tag sind die Arme dick, die Seele zufrieden, der Mensch müde. Und am nächsten Tag eine neue Route!

Irgendwann - wenn die Muskeln in Armen, Beinen und Händen allzu sehr brennen, der Muskelkater jede Bewegung am Fels unmöglich erscheinen lässt - bietet sich zur Erholung und Abwechslung ein Ausflug nach Paris (mit der Bahn nur eine Stunde bis ins Zentrum) oder zu einem der vielen umliegenden Schlösser an.

Nach einer Woche waren sich am Abreisetag alle einig: "Kein anderes Gebiet in Europa bietet soviel Boulder-Potential wie die Wälder von Bleau!"

Nützliches: Boulder-Guide: Fontainebleau-Climbs, The finest bouldering and circuits (Jo & Francoise Montchaussé and Jacky Godoffe), Paris 1999

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