Karneval in Venedig:Zum Frohsinn verdonnert

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Touristen aus Übersee dominieren die Szene, die meisten Einheimische haben sich genervt vom Karneval abgewendet. Venedigs Stadtoberhaupt hat nun genug und droht seinen Bürgern mit drastischen Maßnahmen.

"Carnevale di Venezia" - das klingt den Narren von Traunstein bis Tokio wie Musik in den Ohren. Aufwendige Masken, prunkvolle Kostüme und eine Atmosphäre wie im 18. Jahrhundert, als Edeldamen und Nobelmänner sich am Canal Grande ein Stelldichein gaben: All dies macht den Reiz des venezianischen Mummenschanzes aus.

Auch in diesem Jahr sind wieder zahlreiche Touristen aus aller Herren Länder angereist, um dem grandiosen Spektakel beizuwohnen. Nur die Venezianer selbst fehlen - wie bereits seit vielen Jahren.

Das muss sich nach Worten von Bürgermeister Massimo Cacciari ändern. Zuletzt drohte er, andernfalls keine Gelder mehr für das bunte Treiben rund um den Markusplatz locker zu machen.

Grund für die ablehnende Haltung der Venezianer: Sie sind von der jährlichen touristischen Massen-Invasion total genervt. Wer glaubt, hinter den Masken von Pulcinella und Arlecchino steckten Einheimische, der irrt. Die meisten Teilnehmer an der Scharade kommen mittlerweile aus den USA und Japan, auch Europäer mischen munter mit.

"Entweder die Stadt ist in der Lage, dieses Fest wie eine großartige Gelegenheit zu sehen, oder die Stadtverwaltung wird in Zukunft aufhören, zweieinhalb Millionen Euro in die Organisation des Karnevals zu investieren", warnte Cacciari jetzt.

Seit Jahren versucht er, die Bürger wieder für ihren ureigenen Karneval zu begeistern - bisher vergeblich. Bereits vor zwei Jahren hatte er die Ausgaben erheblich gekürzt, statt großem Brimborium waren vor allem Straßenkarneval und Theateraufführungen angesagt.

"Der Karneval ist ein Fest von Menschen, die sich jung fühlen, unabhängig von ihrem Personalausweis", sagte er jetzt.

Aber wie auch immer die Zukunft des venezianischen Mummenschanzes aussehen mag: In diesem Jahr bleibt noch alles beim Alten. Das Fest steht dabei ganz im Zeichen des venezianischen Komödiendichters und Librettisten Carlo Goldoni (1707-1793), dessen Geburtstag sich in diesem Jahr zum 300. Mal jährt.

Bis zum 20. Februar stehen Aufführungen im Stile der "Commedia dell'Arte", bunte Umzüge und Maskenbälle auf dem Programm. Und wenn sich dann beim traditionellen "Volo dell'angelo" wieder eine als Engel verkleidete Frau vom Campanile auf den Markusplatz herabschwingt, werden vor allem Japaner, Amerikaner und Deutsche begeistert Beifall spenden.

© sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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