Interview:Was sich bei der Bahn ändern muss

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Wie Zugfahren in Deutschland attraktiver werden kann, ist leidenschaftlich umstritten. Karl-Peter Naumann, Bundesvorsitzender des Fahrgastverbandes "Pro Bahn", über steigende Preise, unzufriedene Kunden und moderne Dienstleistung.

Florian Sailer

¸¸Pro Bahn" setzt sich für ein kundenorientiertes Bus- und Bahnsystem ein sowie für mehr Engagement seitens der Politik für den öffentlichen Verkehr. Karl-Peter Naumann erklärt den weiten Weg zum genussvollen Bahnfahren.

Der ICE gehört zu den Prestige-Objekten der Bahn. Viele Regionalstrecken wirken dagegen vernachlässigt. (Foto: Foto: AP)

SZ: Mehr Fahrgäste und trotzdem höhere Bahnpreise. Was meinen Sie dazu?

Naumann: Wir wissen, dass die Energiepreise gestiegen sind. Aber man hätte die drei Prozent mehr Einnahmen auch durch mehr Kunden erzielen können. Unter Marketing-Gesichtspunkten halte ich die Preiserhöhung für eine Katastrophe.

SZ: Was muss sich ändern, damit Bahnfahren interessant wird?

Naumann: Zwei Dinge. Das eine ist die Qualität und die Information der Kunden, falls es Probleme gibt. Daran hapert es gelegentlich doch noch. Und dann ist da der Ruf, die Bahn sei viel zu teuer. Den kann man aber nicht widerlegen, indem man die Preise erhöht.

SZ: Sind die Lockvogelangebote nicht eigentlich Augenwischerei, die langfristig die Kunden verprellen, weil nach den Sparpreisen die Preiserhöhung kommt?

Naumann: Diese Lockvogelangebote fordert heute der Markt. Wenn man solche Angebote nicht will, muss man sie sowohl bei den Fluggesellschaften wie auch bei der Bahn abschaffen.

SZ: Es gibt immer mehr Fahrgäste und doch werden die Regionalstrecken reduziert. Wie geht das zusammen?

Naumann: Die Regionalstrecken werden durch die Länder bestellt. Da ist auch nicht immer die notwendige Sachkenntnis da, den Schienenverkehr optimal zu organisieren. Da ist die DB in der Regel nicht der Herr im eigenen Hause.

SZ: Könnte mehr Konkurrenz im Regionalverkehr helfen?

Naumann: Für den Kunden brauchen wir einheitliche Preise. Der Preiskampf wird unter großem Wettbewerbsdruck auf Länderebene ausgetragen.

SZ: Hat die Bahn den normalen Kunden aus dem Auge verloren?

Naumann: Unter der Regie von Herrn Mehdorn sind neue Leute in die Bahn geholt worden, die es vorher nicht gab. Leute, die nicht die Scheuklappen ¸¸Bahn" hatten. Das war gut, hat aber auch zur Folge, dass wir jetzt eine ganze Menge ¸¸Theoretiker" dort haben, die nicht recht wissen, wie Bahnfahren funktioniert.

SZ: Daher kommt die Verschiebung in Richtung Logistik?

Naumann: Im Logistikmarkt muss sich die Bahn engagieren. Gerade Hamburg hat von den Verkehrswegen Richtung Osten eine große Chance, speziell für den Güterverkehr.

SZ: Welches sind die Hauptkritikpunkte von Kunden an der Bahn?

Naumann: Verspätungen und falsche Auskünfte. Bei der Beratung könnte man sich eine bessere Ausbildung der Leute vorstellen und auch mehr Wissen.

SZ: Ist die Bahn gerüstet für den Ansturm bei der WM?

Naumann: Darauf ist die Bahn vorbereitet. Das hat man beim Papstbesuch in Köln gesehen, das klappt in der Regel gut.

© SZ vom 15. 12. 2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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