Hollywood am Comer See:Hat jemand George gesehen?

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Der berühmteste Dorfbewohner in Laglio: George Clooney. Er hat natürlich Seeblick - und Aussicht auf Bikini-Schönheiten, die gegenüber seiner Villa auf der Mauer balancieren. Eine Spurensuche.

Claudia Fischer

Das Dorf Laglio ist mittags ein verschlafenes Nest. Zeitungsleser heben kurz den Kopf, wenn Touristen vorbeigehen, dann wenden sie sich wieder der Lektüre ihres Corriere zu.

In der einzigen Bar am Ort essen Touristen ein Panino, und die Barfrau putzt träge den Tresen. Knatternd durchbricht eine Vespa die Stille. Der Metzger kehrt vom Mittagessen zurück und sperrt seine Macelleria wieder auf.

Hier läuft alles noch ein wenig langsamer als anderswo.

Die Dorfstraße überspannt ein schöner alter gemauerter Rundbogen. Rechts steht eine alte Villa, deren hoher geschwungener Eisenzaun weniger zur Abschreckung denn als Blickfang dient. Nicht weit davon gibt es ein Geschäft für Fischereibedarf.

Eine Frau steht im Schatten und beobachtet stoisch die Passanten. Eine Stunde später wird sie immer noch reglos an derselben Stelle stehen.

Ein paar Schritte weiter liegt der kleine Hafen, in dem einige Fischerboote und ein paar Motorboote ankern.

In der Mitte des Comer Sees reihen sich die Dörfer wie an einer Kette am westlichen Ufer auf - jedes architektonisch eine Perle für sich.

Viele Prominente haben sich vom mondänen Belle-Epoque-Charme und der Eleganz der Orte vor allem auf der westlichen Seeseite beeindrucken lassen. Der Großteil des Urlaubsgeschehens am Comer See spielt sich hier in seinem klimatisch wärmsten Gebiet ab.

An der Hafenmole ist es plötzlich vorbei mit der Ruhe.

Bikini-Schönheiten auf der Mauer

Die Menschenansammlung, die sich hier einfindet und sich durch ständiges Kommen und Gehen immer wieder erneuert, ist nicht wegen der Schönheit der Gegend hier. Andere Schönheiten haben sich gut sichtbar im Bikini auf der Mauer postiert und lassen die Villa gegenüber nicht aus den Augen.

Auch alle anderen, die hierherkommen, suchen augenscheinlich nach etwas Bestimmtem.

Sie stehen in Grüppchen auf der Mauer, raunen sich halblaut etwas zu und blicken dabei immer zu jenem Haus, das von einer großen Zypresse bewacht am Hafen steht.

Dann zücken sie meistens den Fotoapparat und fotografieren das Gebäude, das seinen Besuchern hinter der hohen, grünbewachsenen Mauer nur einen Blick auf seine Nordseite gewährt. Die Fensterläden sind geöffnet.

"Dann muss er ja daheim sein", kombiniert ein deutscher Urlauber.

Motorboote nähern sich auf dem Wasser und passieren diese Stelle des Comer Sees auffallend langsam. Auch vom Wasser aus richten sich Kameras auf die Villa aus dem 18. Jahrhundert, die ihre eindrucksvolle, 25 Zimmer beschirmende Front zum Leidwesen der nicht mit Boot Ausgestatteten nur von der Seeseite her offenbart.

Dieser kleine Teil des nicht großen Ortes Laglio ist, was ein deutsches Reisebüro "Beverly Hills am Comer See" nennt: Hier wohnt der Hollywoodstar George Clooney.

2002 hat er die Villa mit dem Namen "Oleandra" für zehn Millionen Dollar gekauft und sie zu seinem Erstwohnsitz erklärt.

Dorf-Hochzeit mit Star-Besetzung

Die Laglianer haben sich damit abgefunden, ihr Dorf auf einmal in den Schlagzeilen der Weltpresse zu finden und George Clooney vor zwei Jahren sogar zum Ehrenbürger ernannt.

Laglio hat also den prominenten Gast freundlich aufgenommen, sich dabei aber erfreulich wenig verändert. Das Rathaus ist immer noch gleichzeitig Schule und Krankenhaus. Am Schwarzen Brett hängt eine Warnung vor einheimischen Schlangen und eine Anleitung, woran man sie erkennt.

Daneben die Gemeindeumschau, die davon kündet, was sich im Ort so tut. Die Einwohner kümmern sich wenig um die neugierigen Touristen. Ein Fischer repariert seine Barke neben Clooneys Villa, während die Schaulustigen um ihn herumstolpern.

Lediglich eine verstärkte Bautätigkeit in dem Ort, der wie die meisten Dörfer hier am Berg eher in die Vertikale wächst als horizontal den See entlang, könnte auf den Wertzuwachs von Grundstücken durch die prominente Nachbarschaft schließen lassen.

Die Einheimischen am Comer See sind es gewöhnt, dass diese von jeher die Reichen und Wichtigen angezogen hat.

Hollywood war hier schon des öfteren zu Gast: Regisseur George Lucas hat im Frühherbst 2000 Szenen aus "Star Wars" im Dörfchen Lenno gedreht, George Clooney drehte Teile aus "Ocean's Twelve" am Comer See und hatte dabei Julia Roberts, Brad Pitt, Matt Damon und Catherine Zeta-Jones im Schlepptau.

Im Grandhotel "Villa d'Este" in Cernobbio nächtigten schon Alfred Hitchcock und Clark Gable. Für die Einheimischen sind Filmleute also durchaus nichts Neues mehr, deshalb erlauben sie sich, dem einen oder anderen Prominenten auch mal eine Absage zu erteilen.

Brad Pitt beispielsweise, der eine Villa in ebenjenem Lenno erwerben wollte und sich damit abfinden musste, dass er keine geeignete fand.

Er und Angelina Jolie hatten nämlich geplant, ihre Hochzeit hier abzuhalten. Aber das Promi-Karussell dreht sich am Comer See munter weiter.

Derzeit hat das zweite Traumpaar Hollywoods ein Auge auf die norditalienische Perle geworfen: Tom Cruise und Katie Holmes, die sich ebenfalls mit Heiratsplänen tragen. George Clooney soll ihnen zu diesem Zweck eines der Gebäude seines Anwesens in Laglio für 7,5 Millionen Euro verkauft haben.

Wenn es bei den Hochzeitsplanungen bleibt, könnte es sein, dass der Ort Laglio am 23. November erneut aus seiner Beschaulichkeit gerissen wird, weil er Schauplatz einer pompösen Hollywood-Hochzeit wird.

Der Wahlitaliener George Clooney, der sogar Werbung für Kaffee macht, sorgt inzwischen bei den Einwohnern für Gesprächsstoff: Warum nur, rätselt man, fliegt er von Hollywood immer nach Rom statt ins viel näher gelegene Mailand, und lässt sich von dort sechs Stunden lang an den Comer See chauffieren?

Man könnte fast glauben, Clooney sind die Panini-Bäckereien am Weg ans Herz gewachsen, die er einschlägigen Hochglanzmagazinen zufolge auf dieser Route regelmäßig aufsucht.

Aber wo ist George Clooney heute? In Laglio jedenfalls glänzt er an diesem Nachmittag durch Abwesenheit. Oder halt - war er das da drüben vielleicht?

Clooney, überall

Der Herr in der Bar mit den graumelierten Schläfen erfreut sich zwar einer gewissen Ähnlichkeit mit dem Superstar, gleichwohl ist er's nicht. Auf einmal sehen wir nur noch George Clooneys.

Eine fixe Idee spielt der Vorstellungskraft einen Streich und meint in jedem gutaussehenden Mitvierziger den Star zu erkennen. George Clooney hat vermutlich Besseres zu tun, als am hellichten Nachmittag durch Laglio zu spazieren.

Doch es gibt ein paar Indizien für seine Präsenz im Dorf: Am Bushäuschen stehen Kritzeleien: "George, you're my reason to survive." Hinter dem Eisengitter an einem Fenster des Nebengebäudes der Villa ein großer brauner Briefumschlag, adressiert an "Signor Clooney".

Absenderin ist eine Dame aus den USA. Was wohl darin sein mag?

Eine Schauspielerbewerbung, vermutet ein Passant, ein anderer offenherzige Fotos.

Zugeknöpft präsentiert sich die Villa Oleandra auch von ihrer rückwärtigen Seite. Hohe Mauern und Eisenzäune schützen sie vor neugierigen Blicken.

"Parken und Herumstehen vor der Villa Oleandra" ist übrigens verboten, wie ein Reisemagazin aufklärt. Wir lassen uns davon nicht abschrecken und stehen ein bisschen herum.

Vielleicht kommt ja doch noch eine schwarze Stretch-Limousine um die Ecke, und George Clooney steigt aus. Wenn nicht - auch egal, dann warten wir eben weiter.

© SZ vom 19.10.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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