Gesundheit:Gans schön schlank

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Ernährungswissenschaftler Olaf Adam verrät, wie man schlemmt, ohne Speck anzusetzen

Die Advents- und Weihnachtstage gehören zu den kalorienreichsten des Jahres. Gans, Glühwein, Plätzchen und Stollen schmecken köstlich, aber sind alles andere als figurfreundlich. Kein Wunder, dass der gute Vorsatz fürs Neue Jahr bei den meisten Menschen die Verbesserung der eigenen Figur betrifft. Wie man Schlemmen kann und trotzdem keine überflüssigen Kilos ansammelt - darüber sprach "wohl fühlen" mit Professor Olaf Adam, Leiter der Ernährungsambulanz am Klinikum der Universität in München.

Fettarm essen muss nicht unbedingt sein. In Maßen genossen, ein paar Regeln beachtet, ist es auch kein Dickmacher. (Foto: Foto: DDP)

Ein alter Spruch lautet "Fett macht fett". Nicht gerade tröstlich, wenn man den Fettgehalt von Gans und Plätzchen betrachtet? Es ist richtig, dass in Gänsebraten oder Keksen sehr viel Fett steckt. Der von Ihnen zitierte Spruch über das Fett hat aber ausgedient. Viele Jahre empfahl man Männern und Frauen mit Übergewicht Diäten mit einem niedrigen Fettgehalt. Doch diese Form des Abspeckens ist seit einiger Zeit in Misskredit geraten. Man hat nämlich entdeckt, dass eine fettarme Ernährung das so genannte metabolische Syndrom fördert. Was heißt das bitte? Hinter diesem medizinischen Fachbegriff steckt die Tatsache, dass bei übergewichtigen Männern und Frauen, deren Blutzuckerspiegel ohnehin erhöht ist, dieser auch mit low-fat-Ernährung nicht niedriger wurde. Außerdem waren ihre Gefäße häufiger verkalkt und sie litten häufiger an Herz-Kreislauferkrankungen als Patienten, die eine Diät mit einem geringen Kohlehydrat-Gehalt, also eine so genannte Low-Carb-Diät gemacht hatten. Die Low-Carb-Gruppe hatte deutlich bessere Blutfette und einen deutlich niedrigeren Insulinspiegel. Abgenommen haben sie übrigens auch schneller.

Wunderbare Neuigkeiten! Dann ist ja gegen einen Gänsebraten nichts einzuwenden, schließlich enthält er keine Kohlehydrate, aber viel Fett? Gegen Gänsebraten ist in der Tat nichts zu sagen, vorausgesetzt, er steht nicht allzu oft auf dem Speiseplan. Denn unabhängig davon, wie viel Fett, Eiweiß oder Kohlehydrate ein Lebensmittel enthält, entscheidend ist die Energiebilanz. Wer dauerhaft mehr isst, als sein Körper verbrennen kann, nimmt zu. Wer weniger isst, als der Körper braucht, nimmt ab, weil die angesammelten Fettreserven verbraucht werden. Um aber zur Gans zurückzukehren: Wir empfehlen an unserer Klinik Patienten eine Trennung von stärkereichen Kohlehydraten und Fetten. Auf die Gans angewendet bedeutet das, dass man sie statt mit Knödeln besser mit Blaukraut essen sollte, weil der Körper das aufgenommene Fett danach sofort verbrennt. Noch besser funktioniert das, wenn man nach dem Essen einen Spaziergang macht, das kurbelt die Fettverbrennung zusätzlich an.

Was ist denn so schlecht an Knödeln? Ich mag Knödel auch sehr gerne. Aber bei der Verarbeitung von Nährstoffen, hat unser Körper bestimmte Präferenzen, die gegen die Knödel zur Gans sprechen. Zuerst verbrennt er nämlich die Kohlehydrate aus den Knödeln, das Fett der Gans landet aber als Reserve auf der Hüfte. Lässt man die Knödel weg, beschäftigt sich unser Stoffwechsel gleich mit der Gans.

Plätzchen als Dessert sind da wohl auch nicht drin? Nicht nach der Gans, bitte. Da empfehle ich eher eine Götterspeise mit Sahne, die enthält wie die Gans Eiweiß und Fett, aber keine Kohlehydrate.

Sind Plätzchen und Stollen dann ganz gestrichen? Nein, nein, so streng wird das nicht gehandhabt. Das Tückische an ihnen ist aber, dass sie viel Fett und viel Zucker enthalten, eine sehr unglückliche Kombination, wobei Zucker schädlicher ist als Fett. Trotzdem kann man sich ab und zu ein paar Plätzchen oder ein Stück Stollen gönnen. Und zwar nicht als Dessert nach einer ohnehin üppigen Mahlzeit, sondern zum Beispiel als Frühstück oder als Ersatz fürs Mittagessen. Diesem Genuss sollte man sich dann wirklich bewusst hingeben - also nichts nebenbei tun wie Lesen oder Fernsehen, sondern ganz bewusst kauen und schmecken. Gute Vorsätze im Stil von "dieses Jahr esse ich gar keine Plätzchen" sind übrigens von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Da kommt irgendwann eine Heißhungerattacke, die man nicht steuern kann. Besser ist, sich selbst eine Wochenration festzulegen, die erlaubt ist, zum Beispiel zehn Kekse pro Woche. Ob man sie dann auf einmal verspeist oder täglich einen kleinen Bissen, ist dann jedem selbst überlassen.

Glühwein, Punsch und samtiger Rotwein - erlauben Sie Alkohol? Also, wenn man Abnehmen möchte, ist Alkohol kein guter Begleiter, weil er den Appetit fördert. Aber wir wollen in der Weihnachtszeit ja nicht dünner werden, sondern in der Regel den Status Quo erhalten. Deswegen ist gegen ein Glas Wein am Abend nichts einzuwenden. Es sollte aber trockener Rotwein sein, der nicht allzu schwer ist, also einen nicht zu hohen Alkoholgehalt hat. In Maßen genossen schützen bestimmte Pflanzenstoffe im Rotwein sogar vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Betonung liegt allerdings auf "in Maßen". Wer gleich mehrere Gläser kippt, kehrt die positive Wirkung ins Gegenteil um.

Worauf sollte man noch achten? Auf eine gute Balance zwischen Schlemmen und weniger Essen. Die Termine von Weihnachtsfeiern und anderen Einladungen sind ja vorher bekannt. Wenn ich also weiß, dass ich morgen über die Stränge schlagen werde, kann ich schon am Tag vorher oder auch am Tag danach einen Reis- oder Gemüsetag einlegen und dadurch Kalorien sparen. Ganz wichtig ist auch regelmäßige Bewegung, weil sie den Grundumsatz des Körpers erhöht, das heißt, er verbraucht mehr Kalorien als wenn man nur auf dem Sofa abschlafft. Es muss ja nicht gleich Leistungssport sein, aber schon wenn man jeden Lift links liegen lässt und Treppen steigt, bringt das eine ganze Menge. Ganz wichtig: Wenn man schlemmt, sollte man genießen, schlechtes Gewissen ist nicht angebracht und schmälert nur den Genuss.

Literatur für genussvolles Abnehmen: Olaf Adam, "KFZ-Diät", Walther-Haedecke-Verlag, 16,95 Euro.

© Interview: Ulrike Reisch - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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