Familienurlaub:Beihilfe zur Erholung

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Familien, die sich keinen Urlaub leisten können, erhalten Förderung von ihrem Bundesland. Meistens.

Sandra Werner

Die Deutschen verzichten nur ungern auf ihre wohlverdienten Erholungstage in der Ferne, gelten sie doch als eine der reisefreudigsten Nationen überhaupt. Jedes Jahr zu verreisen ist für die meisten zur Selbstverständlichkeit geworden.

Besonders Familien erhalten Unterstützung vom Staat (Foto: Foto: Stefan Herbke)

Jedoch gibt es auch in Deutschland Menschen, die sich keine Urlaubsreisen leisten können: 13,5 Prozent der Bevölkerung befinden sich laut aktuellem "Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung" unterhalb der Armutsrisikogrenze, verfügen also über weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens.

Vor allem Alleinerziehenden, kinderreichen Familien und solchen mit behinderten oder pflegebedürftigen Kindern fehlen oft die finanziellen Mittel, um sich eine Fernreise leisten zu können.

Daher erhalten einkommensschwache Familien von den meisten Bundesländern Zuschüsse für ihren Urlaub. "Jede Familie, die nur über ein relativ geringes Nettoeinkommen verfügt, kann sich bewerben", sagt Bernhard Seidenath vom bayerischen Sozial- und Familienministerium. Familien, deren Hauptwohnsitz in Bayern liegt, erhalten den Zuschuss, wenn das gemeinsame Nettoeinkommen der Eltern nicht höher als 980 Euro zuzüglich 300 Euro pro Kind beträgt.

Den geringsten Zuschuss gibt's in Niedersachsen

"Für jedes Kind zahlt das Land dann 9,20 Euro, ein behindertes Kind erhält 11,80 Euro pro Tag." Höhere Zuschüsse gibt es bei einem noch niedrigeren Einkommen sowie für Alleinerziehende. Bedingung sei, dass die Familie mindestens fünf Tage unterwegs ist und dass der Urlaub in einer Familienerholungsstätte oder auf einem Bauernhof in Deutschland verbracht wird. Insgesamt werden höchstens 14 Tage gefördert.

Damit liegt die Höhe des Zuschusses in Bayern innerhalb Deutschlands im guten Mittelfeld. In den vergangenen Jahren habe jeder bayerische Antragsteller, der die Bedingungen erfüllt, auch das Geld erhalten, so Seidenath. 866.200 Euro hat das Bundesland für die Förderung ausgegeben, die regionalen Wohlfahrtsverbände zahlten oft zusätzliche Unterstützungsgelder. Auf diese Weise wurden 2005 in Bayern 27.275 Erholungstage unterstützt.

Den geringsten Zuschuss gibt es in Niedersachsen (4,09 Euro), den höchsten in Rheinland-Pfalz (17,90 Euro). Hessen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen zahlen gar keine Förderung. Der offizielle Grund: leere Kassen. "In der öffentlichen Förderung wird Urlaub immer noch als Luxus angesehen. Von Seiten der Länder und des Bundes fällt die Unterstützung daher nicht besonders großzügig aus", sagt dazu Karl Schiewerling, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Familienerholung (BAG FE).

Der Verband hat es sich zur Aufgabe gemacht, vor allem die Erholung von Familien zu unterstützen. "Wir verstehen uns als Interessenvertretung von Menschen, die auf Förderungen angewiesen sind, also insbesondere einkommens- und sozial schwache Familien."

Um auch ihnen den ersehnten Urlaub zu ermöglichen, errichtete die BAG FE mit eigenen sowie mit Mitteln von Bund und Ländern so genannte Familienferienstätten. 140 dieser gemeinnützig betriebenen Häuser gibt es inzwischen in Deutschland. Investitionsmittel kommen auch von Bund und Ländern. Bayern zum Beispiel förderte die Häuser 2005 mit 562.400 Euro.

"Die Stätten sind genau auf die Bedürfnisse von Familien abgestimmt", sagt Schiewerling. Vor allem Einkommensschwachen und sozial Benachteiligten fehle es oft an den notwendigen Rahmenbedingungen. "Wir schaffen die Räumlichkeiten, damit die Familie ihre gemeinsame Zeit ohne Stress und ohne die Gefahr vor Ausgrenzung und Diskriminierung genießen kann."

Aktionsprogramme und Betreungsmöglichkeiten für Kinder

Doch nicht nur arme und geförderte Familien verbringen ihre freien Tage in einer der Familienstätten: "Zu uns kommen auch Familien mit einem höheren Einkommen, Schulklassen und Großeltern mit ihren Enkeln", sagt Stephan Iütke-Twehues, Leiter der Kolping-Familienstätte Salem in Mecklenburg-Vorpommern. Der Grund: Anders als in den meisten Hotels gibt es Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder ebenso wie Aktionsprogramme für die ganze Familie. "Durch das umfangreiche Kinderprogramm haben die Eltern viel Freiraum für sich."

Das Haus selbst verfügt über 20 rollstuhlgerechte Zimmer, auch für sehr pflegebedürftige Menschen ist Platz. Die Zimmer sind sehr einfach eingerichtet, es gibt weder Fernseher noch Radios. Stattdessen, so Iütke-Twehues, besitze das Haus etliche Räume, in denen die Familien Kontakte knüpfen und miteinander spielen könnten.

40.000 Übernachtungen, hauptsächlich von Kurzurlaubern, zählt die Stätte pro Jahr. Eine Woche Vollpension für zwei Erwachsene und zwei Kinder kostet 950 Euro. In Aktionswochen werden günstigere Tarife angeboten. Im Vergleich dazu erscheinen jedoch die 129 Euro Zuschuss, die einer bayerischen Familie für diesen Zeitraum zustehen, nicht gerade üppig.

Die verschiedenen Familienstätten unterscheiden sich aber erheblich in Preis und Ausstattung. Im Naturfreundehaus Priwall in Schleswig-Holstein beispielsweise zahlt eine vierköpfige Familie lediglich 82 Euro für eine Woche Vollpension.

Informationen zu Urlaubsförderung und Familienstätten gibt es unter www.familienerholung.com. Telefonische Auskünfte erteilt der Katholische Verband für Familienerholung unter 0221 / 20 70 11 27.

© SZ vom 2. 3. 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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