Ende der Reise:Spontan? Aber sicher!

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Sicherheit und Freiheit sind wie Katz und Maus. Da muss man noch nicht einmal in Dimensionen des internationalen Terrors denken. Wir reservieren uns auf Reisen gegenseitig alles so lange weg, bis keiner mehr Quartier und Mahlzeit kriegt.

Von Hans Gasser

Die Sicherheit und die Freiheit, das ist ein Paar wie Katz und Maus: viele Katzen, wenig Mäuse. Gerade beim Reisen macht sich das seit Jahren bemerkbar. Das Sicherheitstheater, das etwa an Flughäfen aufgeführt wird, das Datensammeln, die Fingerabdrücke bei der Einreise in die USA, das verleidet manchem Urlauber seine Freude am Unterwegssein gehörig. Nun hat man zumindest in Deutschland zu einer leichten Normalisierung zurückgefunden, indem man an manchen Flughäfen seine Parfüm- und Shampoo-Fläschchen nicht mehr in einem durchsichtigen, verschließbaren Beutel präsentieren muss, als handele es sich um höchstes Gefahrengut. Logisch, dass da jetzt die EU-Kommission tätig werden muss und Deutschland wegen zu lascher Sicherheitsmaßnahmen verklagt. Wobei die Bundesregierung klarstellt: Nicht wegen zu lascher Sicherheitskontrollen werde man verklagt, sondern wegen zu lascher Kontrollen der Sicherheitskontrollen.

Wem das zu philosophisch wird oder zu blöd, der kann sich in die Niederungen der Planung begeben, das ist die kleine Schwester der Sicherheit. Wer eine Reise macht, der muss natürlich ein bisschen planen. Früher beschränkte sich das darauf, dass man ein ungefähres Ziel hatte und eine Zeitspanne, nach der man wieder zu Hause sein musste oder wollte. Dazwischen lag eine Folge von kalkuliert unvorhersehbaren Ereignissen, an die man sich später gerne oder mit Schaudern erinnerte. Heute reservieren selbst Backpacker ihre Hostels Wochen im Voraus per Smartphone-App. Je früher man bucht, je mehr man reserviert, desto mehr wird man belohnt, mit Preisnachlässen oder Sonderkonditionen.

Einfach den nächsten oder übernächsten Zug nehmen, weil es einem in Wien so gut gefällt? Ist nicht mehr. Wegen der Zugbindung von noch einigermaßen bezahlbaren Tickets kann sich das kaum einer leisten. Man ertappt sich selbst bei der Frage: Muss ich jetzt vorher Campingplätze reservieren, wenn ich mit meinem Bus unterwegs bin?

So weit braucht man gar nicht reisen. Ein sehr großes bayerisches Wirtshaus an einem Wochentag um 19 Uhr, es ist zu zwei Dritteln leer. Man hat Hunger, aber der moldawische Kellner in Lederhosen sagt: "Tut mir leid, wenn Sie nicht reserviert haben, es gibt keinen Platz." Nichts gegen Moldawier, im Gegenteil. Denn man muss wohl bald per Anhalter nach Moldawien fahren, um spontan etwas essen zu können.

© SZ vom 03.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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