Ende der Reise:Schwindlig in China

Wenn chinesische Touristen durch Europa reisen, kaufen sie gerne Mitbringsel ein. Man darf schließlich nicht mit leeren Händen zu den Verwandten heimkommen. Teurer Whisky steht auf der Einkaufsliste ganz oben.

Von Hans Gasser

Wenn chinesische Touristen durch Europa reisen, kaufen sie gerne Mitbringsel ein. Deutsche Küchenmesser, Schweizer Schokolade, französisches Parfum. Man darf nicht mit leeren Händen zu den Verwandten heimkommen, wenn man sich eine prestigeträchtige "Europa-in-zehn-Tagen-Reise" gegönnt hat.

Doch mit zunehmender Reiseerfahrung - und zunehmendem Reichtum - greift manch chinesischer Gast auch zu bedeutend wertvolleren Souvenirs. So bestellte ein Tourist aus Fernost im Hotel Waldhaus in St. Moritz jüngst ein Glas des schottischen Macallan-Whiskys, Jahrgang 1878. Der Hotelier erklärte ihm, dass der Whisky zwar auf der Karte stehe, aber eigentlich unverkäuflich sei, weil die geöffnete Flasche ihren Sammlerwert verliere. Der Chinese insistierte. Und weil ein Schweizer Hotelier auch lieber einen Truthahn in der Hand als einen Spatz auf dem Dach hat, ließ er sich schnell breitschlagen und verkaufte dem reichen Chinesen ein Glas des Macallan für den Preis von 9999 Franken, immerhin 8600 Euro.

Das lenkt die Aufmerksamkeit natürlich ins fernöstliche Superreich und auf das Verhältnis seiner Bewohner zum Alkohol. Getrunken wird immer mehr, Bier sowieso, aber auch Wein und Schnaps. So muss es nicht verwundern, dass beim jüngsten "Singles Day", einem vom chinesischen Amazon-Konkurrenten Alibaba ins Leben gerufenen Online-Shoppingtag, ein Schnapsbrenner ein lebenslanges Abo für seinen Baijiu-Getreidebrand anbot. Zum Schnäpschenpreis von 11 111 Yuan (1500 Euro) erhalten die 33 schnellsten Käufer jeden Monat zwölf Flaschen von dem 55-prozentigen Schnaps. Sollten sie (deswegen?) in den nächsten fünf Jahren sterben, so ist das Abo auf einen Verwandten übertragbar. Am Singles Day setzte Alibaba übrigens 22 Milliarden Euro um. Wem es da nicht schwindlig wird, der braucht erst mal einen Baijiu.

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