Ende der Reise:Schieben verboten

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Eine Verfassungsreform bekommen sie nicht hin in Italien. Aber allerlei Gesetze gegen Radfahrer. Im Alltag zeichnen sich jedoch italienische Lösungen ab.

Von Hans Gasser

Ach, Venedig! Diese Stadt, oder soll man sagen: dieses Bild von einer italienischen Stadt, das in den Köpfen von Touristen aus aller Welt einen derart romantischen Sog bildet, dass fast jeder wenigstens einmal im Leben einen Fuß auf den Markusplatz setzen möchte, dieser Sehnsuchtsort also, ist schon wieder bedroht. Nicht von der Acqua Alta, dem Hochwasser. Das bewältigen sie hier schon seit Jahrhunderten auf geradezu stoische Weise. Nein, auch nicht von den Kreuzfahrtschiffen. Sondern von Fahrrädern.

Der Gemeinderat der Stadt hat beschlossen, dass Fahrräder in der Altstadt, dem Centro Storico, ab sofort nicht nur nicht mehr gefahren (was schon länger der Fall ist), sondern auch nicht mehr geschoben werden dürfen. Wie die Zeitung La Nuova berichtet, sei das Radfahrverbot vergangenen Sommer durchwegs missachtet worden - und zwar auch von Touristen, die die Räder am Piazzale Roma ausleihen können. Es fällt zwar etwas schwer, sich vorzustellen, wo zwischen den Millionen Fußgängern auch noch Fahrradtouristen Platz gefunden haben, aber es war wohl so: "Geschoben von erschöpften Touristen durch die Menschenmenge, auf der Schulter über die Brücken getragen oder gleich rücksichtslos durch die Gassen gefahren", schreibt La Nuova. Nun soll das vorbei sein. Aber, wie immer, so die Zeitung weiter, müsse man sehen, ob das auch durchgesetzt werde. Das Picknick-Verbot auf dem Markusplatz und das Badeverbot in den Kanälen (wer macht das freiwillig?) würden nicht so stringent sanktioniert. 50 Euro soll es kosten, ein Fahrrad durch Venedig zu schieben, bei Sofortzahlung in bar nur 26. Dafür kriegt man gerade mal vier Cappuccini am Markusplatz.

Und wer denkt eigentlich an die Einheimischen? Ja, die gibt es noch, wenn auch in immer geringerer Zahl. Sollen die etwa ihr Radl von ihrem Haus in der Altstadt nicht zum Piazzale Roma oder zum Lido schieben dürfen, wo das Radfahren erlaubt ist? Das sei eine Frage des Hausverstandes, sagt der Kommandant der Stadtpolizei dazu. Natürlich dürften sie, allerdings nur auf dem kürzesten Weg, was sie bei einer Kontrolle glaubhaft machen müssten. Solange es solche Polizisten gibt, muss einem um Italien nicht bange werden.

© SZ vom 08.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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