Ende der Reise:Ein Leben als Animateur

Lesezeit: 1 min

91 Prozent aller Eltern können sich im Urlaub nicht erholen, sagt eine Studie. Na so was! In welcher kinderfreien Welt leben diese Menschen, die sich von derlei Studienergebnissen überraschen lassen? Und was haben sie für Kinder?

Von Stefan Fischer

All diese jungen Menschen, die unser Leben radikal verändern, weil sie es im Dienste immer neuer Start-ups radikal digitalisieren, sind wirklich eine Wucht. Was haben sie uns nicht schon alles ermöglicht, zumal dort, wo wir uns nicht auskennen. Also auf Reisen in fremden Ländern. Wir übernachten dank ihnen jetzt preiswert bei Einheimischen im Wohnzimmer, kennen deren beliebteste Restaurants und hängen nicht mehr stundenlang in einer Telefonwarteschleife des Reiseveranstalters, wenn es am Urlaubsort ein Problem gibt, sondern regeln das ganz cool am Pool mit einem Chatbot.

Nur von der analogen Realität haben diese jungen Menschen offenkundig noch weniger Ahnung als vor 30 Jahren diejenigen, die heute ihre Eltern sein könnten oder sogar sind. Die waren zwar nicht lebensklüger mit Anfang zwanzig, mangels digitaler Alternative blieb ihnen trotz aller Flausen im Kopf aber gar nichts anderes übrig als die Auseinandersetzung mit den analogen Gegebenheiten. Wie einen journalistischen Scoop präsentiert also nun ein solches Reise-Unternehmen mit ausschließlich digitalem Geschäftsfeld und blutjungen Angestellten eine Studie - es fällt tatsächlich das Wort "aufdecken" in der Mitteilung -, dass sich 91 Prozent aller Eltern im Urlaub nicht erholen können.

In welcher kinderfreien Welt leben diese Menschen, die sich von derlei Studienergebnissen überraschen lassen? Kinder wollen im Urlaub unentwegt Eis, und zwar bereits zum Frühstück. Sie wollen auf den Spielplatz. Sie wollen ihn über mehrere Stunden hinweg nicht mehr verlassen. Sie wollen, dass man ihnen dabei pausenlos Gesellschaft leistet. Sie hassen Sonnencreme. Sie wollen Pizza. Sofort. Das Spiegelei essen sie nicht, weil jemand Schnittlauch darüber gestreut hat. Sie sagen einem am Abend, dass der Tag blöd war. Weil der Ausflug zwar toll war, man ihnen aber die falschen Gummibärchen gekauft hat. Wenn die Kinder älter sind, maulen sie, dass das Wlan im Hotel zu langsam ist.

Man kann sich dabei nicht erholen. Von den neun Prozent der Eltern, die das angeblich doch können, lügen zwei Drittel. Und die übrigen sind nicht zu beneiden: Denn was müssen die für seltsame Kinder haben?

© SZ vom 18.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: