Ende der Reise:Ein gutes Kraut

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Momentan ist im Urlaub Wine & Weed angesagt. Hilft doppelt. Denn gemeint ist nicht irgendein daher sprießendes Weed, sondern ein spezielles Kraut: Marihuana.

Von Stefan Fischer

Wein und Käse: geht immer, ist aber von vorgestern. Wein und Schokolade: geht manchmal, ist aber ebenfalls zumindest schon wieder von gestern. Aktuell ist unterdessen die Kombination aus Wine & Weed angesagt. Hilft doppelt. Denn gemeint ist nicht irgendein dahersprießendes Weed, sondern ein spezielles Kraut: Marihuana. Im US-Bundesstaat Oregon ist der Anbau, Vertrieb und Konsum von Marihuana seit 2015 erlaubt, das südlich angrenzende Kalifornien wird wohl folgen. Das eröffnet ein neues Geschäftsfeld, das die Winzer an der amerikanischen Westküste nicht Laien überlassen möchten. Mit weichen Drogen und Rauschzuständen kennen sie sich schließlich aus, und so beginnen die ersten von ihnen, ihr Angebot an betörenden Genussmitteln auszuweiten.

Sich mehrere wirtschaftliche Standbeine zu schaffen, gehört ohnehin zum Einmaleins des Unternehmertums. In Europa führt das bislang dazu, dass Weinbauern mindestens Verkostungen anbieten, manchmal auch geführte Touren durch ihre Weinberge, die oft kombiniert werden mit einem Picknick, und ab und an sogar Gästebetten. Wein ist längst ein touristischer Faktor, der Verkauf ab Hof für viele Winzer ein wichtiger Vertriebsweg. Die Gäste schätzen es, so nahe an der Quelle des Vergnügens zu urlauben. Das weckt kinderselige Erinnerung an Ferien auf dem Bauernhof, die sogar noch getoppt werden, weil Kühe und Hühner ersetzt sind durch die weder akustisch noch geruchlich vergleichbar aufdringliche Reblaus. Und weil kein Karamalz mehr ins Glas kommt. Für die Winzer aber ist das aufwendig. Jeden Tag eine Horde Briten, Deutsche, Belgier und Schweizer zu bekochen, womöglich auch noch ihre Betten aufzuschütteln, macht viel Arbeit. In den USA indessen bekommen die Gäste zum Alkohol noch Cannabis. Der vertreibt das Hungergefühl, sie verlangen also gar nicht erst nach einer Mahlzeit.

Für Szenemagazine werden neben den Weinen inzwischen wie selbstverständlich auch die Marihuana-Produkte einzelner Winzer verkostet. Beratungsfirmen basteln an Konzepten für einen Wein-und-Weed-Tourismus. Die Europäer hinken dieser Entwicklung natürlich hinterher - in diesem Fall allerdings unverschuldet. Sie müssen sich einfach noch ein wenig gedulden, bis sich aufgrund des Klimawandels der Weinbau in den Niederlanden rechnet. Just die eigentlich protektionistischen USA planen gerade manches, um diese Entwicklung zu beschleunigen.

© SZ vom 01.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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