Ende der Reise:Die Kunst, die aus der Kälte kam

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Der Mensch in seiner ganzen Sisyphoshaftigkeit will wider besseres Wissen gegen die prächtigen Eiskunstwerke der Natur mit seinen eigenen anstinken. Es ist klar, dass das nur gehörig schieflaufen kann. Oder?

Von Stefan Fischer

Es ist das Los des Menschen, dass all sein Tun letztlich nur eine Petitesse ist. Allemal vernachlässigbar, mag er sich selbst noch so wichtig vorkommen. In der Antarktis wird sich in absehbarer Zeit ein Eisberg vom Schelfeis lösen, doppelt so groß wie das Saarland. Das Saarland muss ja immer herhalten als Größenvergleich, und stets ist es nur einen Bruchteil so groß wie das Vergleichsobjekt. Dem Saarland, als von Menschen geschaffenes Konstrukt, geht es da wie dem Menschen selbst - keine große Nummer. Universell gesehen.

Das Eis, wenn es glänzen will, braucht den Menschen nicht. Majestätisch wird einer der größten je registrierten Eisberge bald durchs Weddell-Meer schwimmen - und sich von ein paar Antarktis-Kreuzfahrern bestaunen lassen. Wobei sich die Frage stellt, ob nicht der Mensch durch den von ihm verursachten Klimawandel doch etwas zu tun hat mit der Loslösung eines derart gigantischen Eisbergs. Imposant gestaltet ist auch die Eiskappe am Nordpol des Mars, von der die Europäische Weltraumorganisation Esa unlängst Bilder veröffentlicht hat.

Der Mensch in seiner ganzen Sisyphoshaftigkeit will trotzdem und wider besseres Wissen gegen diese natürlichen Spektakel mit eigenen anstinken. Die Chinesen, bekannt für einen Hang zur Gigantomanie, feiern noch bis Ende Februar im bitterkalten Harbin ihr pompöses Eisskulpturen-Festival. Älter noch ist ein ähnliches Fest in Sapporo, das dieser Tage stattfindet. Zwei Millionen Besucher kommen jährlich innerhalb einer Woche in den Norden Japans, um sich rund 200 Figuren aus Schnee und Eis anzusehen. Darunter diesmal eine Donald-Trump-Figur, den man sich nur zu gerne kräftig runtergekühlt wünscht. Aber das sind nur Kinkerlitzchen, ein bisschen Kunstgewerbe eben und nicht zu vergleichen mit antarktischen Überwältigungsstrategien.

Im Ostseebad Zinnowitz haben sie das verstanden. Dort werden am Sonntag drei Bildhauer Skulpturen aus Eisblöcken sägen und fräsen - und sie in einer Feuershow am selben Abend vor Publikum gleich wieder zum Schmelzen bringen.

© SZ vom 09.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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