Ende der Reise:Aufregender Advent

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Der Advent als stade Zeit, das hat noch nie funktioniert. Die Schuld daran wird eilfertig unserer Konsumwut zugeschustert. Als ob es da sonst nichts gäbe!

Von Stefan Fischer

Der Advent als stade Zeit, das hat noch nie funktioniert. Die Schuld daran wird traditionell eilfertig unserer Konsumwut zugeschustert. Wir kämen nicht zur Ruhe, heißt es, weil wir immer noch mehr Geschenke kaufen. Und wenn wir uns doch einmal hinsetzen, springen wir gleich wieder auf, weil in der Hosentasche die Kreditkarte glüht und uns den Hintern versengt.

Das ist aber bestenfalls die halbe Wahrheit. Wir sind überaus beschäftigt in den Wochen vor Weihnachten, das ist schon richtig. Zeit für besinnliche Momente bleibt da wenig. Aber doch nicht wegen etwas so Schnödem wie dem Kauf von Krawatten, Spielekonsolen und Goldbarren (der angesagten Alternative zu Geldgeschenken). Nein, wir handeln aus edleren Motiven. Die Ski müssen gewachst, die Kanten geschliffen werden. Von den Schlittschuhkufen muss der Rost runter, der Schlitten braucht eine neue Querverstrebung, damit er auch diesen Winter nicht auseinanderbricht. Obwohl man so viel gar nicht zugelegt hat an Gewicht. Gerade deshalb treibt man ja den ganzen Sport. Langlaufen, Tourengehen, Eisklettern und -schwimmen, das Fatbike-Spaßwochenende im Schnee und dann noch der Biathlon-Schnupperkurs.

Das ist anstrengend und zeitraubend. Da kann man nicht den halben Dezember in Wellnessoasen herumfläzen und in der restlichen Zeit komplett entschleunigt Kerzen gießen. Zumal zum Sport auch noch die Kultur kommt. Das Lied "Stille Nacht" wird im nächsten Jahr 200 Jahre alt. Das sorgt schon heuer für eine Menge Aufregung - überall dort, wo es öffentlich angestimmt wird, handelt es sich schließlich um eine Generalprobe für das große Jubiläum. Selbst dieser Inbegriff der Weihnachts- und Winterseligkeit ist nicht zu haben ohne Stress und Druck und Anstrengung. Von wegen Après-Ski: Ab geht's nach der letzten Abfahrt in die Probe des Kirchenchors. Vielleicht wird's Ende März ein bisschen ruhiger.

© SZ vom 07.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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