Itamaracá, 7. Oktober 2001
Du hast es gut. Haben alle gesagt, als ich gegangen bin. Ich will für mindestens ein Jahr auf der kleinen brasilianischen Insel Itamaracá leben. Jeden Tag am Strand, haben sie gesagt. Jeden Tag Sonne. Die Menschen sind dort so gelassen, so entspannt. Ein Dauerurlaub sozusagen.
Ich bin Reisejournalistin, deswegen glauben die meisten sowieso, dass ich nicht arbeite. Nicht arbeiten auf einer tropischen Insel kann da nur noch idyllischer sein.
Natürlich weiß ich es besser. Ich erwarte keinen Urlaub, sondern Alltag auf einer fernen Insel, die ich kenne. Bin mir im Klaren darüber, dass ich bei 90 Prozent Luftfeuchtigkeit und 30 Grad im Schatten schreiben muss. Dass in Brasilien an zuverlässige Informationen zu kommen ungefähr so schwierig ist, wie Fidel Castro vom Sozialismus abzubringen.
Mit der Sintflut rechne ich nicht. Ebensowenig mit dem Urwald, der sich Garten nennt. Oder mit meinem nylonneuen Fischernetz.