Ärger in Großbritannien:Kein Herz für Tiere

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Eine EU-Verordnung bedroht die Zukunft der britischen Bed & Breakfasts. Die Betreiber sollen sich von ihren Haustieren trennen.

Wolfgang Koydl

Für ihre Tierliebe sind die Briten weltweit bekannt, für ihre Kochkunst eher weniger. Vielleicht ist es gerade dieser Gegensatz, weshalb das Königreich derart empört auf eine neue Direktive der Europäischen Union aus Brüssel reagiert hat, wo man das Essen und Trinken erfahrungsgemäß ein wenig ernster nimmt.

Demnach haben Haustiere nichts an Orten zu suchen, an denen Essen für zahlende Gäste zubereitet wird.

Nun ist es so, dass auch Briten es vorziehen, wenn in Restaurantküchen oder in Hotels Schnitzel, Steaks und Hühnerschenkel nicht lebend gehalten werden.

Doch die EU-Verordnung, die bereits 2006 verabschiedet wurde und nach britischen Presseberichten erst jetzt zu greifen beginnt, bedroht die Zukunft einer ehrwürdigen britischen Traditionseinrichtung, die nicht so professionell geführt wird wie eine Gaststätte: des Bed & Breakfast.

Schätzungsweise 20.000 B&Bs gibt es im Vereinigten Königreich - von Cornwall an der Südwestspitze bis in die schottischen Highlands. Es sind allesamt Privathaushalte, die ein paar Zimmer an Übernachtungsgäste vermieten.

Zu den Höhepunkten eines Aufenthaltes im Bed & Breakfast gehört oft der zweite Teil des Namens: das üppige englische Frühstück, das in der Familienküche mit frischen Eiern, Speck, Tomaten und Pilzen gebraten wird.

Doch vor dem Herd liegen dort oft genug ein Hund oder eine Katze, und dies könnte nun zu einem Problem werden. Manche Betreiber von Bed & Breakfasts überlegen, ob es sich unter den neuen Umständen für sie noch lohnt, weiter Gäste zu beherbergen.

Tish und Robert Bowditch aus der südenglischen Grafschaft Devon zum Beispiel wüssten nicht, wo sie ihre Labrador-Dame Maisie unterbringen sollen. "Wir haben keine Hütte für sie draußen", erklärte Tish in der Times. "Sie lebt im wesentlichen in der Küche vor dem Herd."

Carol Rennison von der Hawkswick Cote Farm in Nord-Yorkshire wies darauf hin, dass auch Gäste ihre Hunde mitbrächten. Manchmal verschwänden ihr Jack-Russell-Terrier und ihr Labrador vorübergehend in ihrem Land Rover vor der Türe, während sie das Frühstück zubereite. "Aber die meiste Zeit liegen sie in ihren Körbchen in der Küche", sagte sie.

David Weston, dessen Bed&Breakfast-Association knapp 10.000 Unterkünfte im ganzen Land repräsentiert, wies darauf hin, dass die EU-Richtlinie hoffentlich nicht für private Haushalte entworfen wurde. "Wir glauben, dass bei der Umsetzung (in B&Bs) der gesunde Menschenverstand gelten sollte."

In den Augen vieler Briten freilich schließen die Worte "gesunder Menschenverstand" und "gemeinsamer Markt" einander aus - auch wenn sie auf Englisch ähnlich klingen: common sense und common market.

Wie viel Aufklärungsarbeit Europa auf der Insel noch leisten muss, verdeutlichte ein gewisser Stuart aus Plymouth, der seine Meinung auf der Website des chronisch euro-feindlichen Daily Express kundtat: "Auf dem Kontinent ist es natürlich sehr viel wahrscheinlicher, dass ein Hund nicht vor dem Ofen liegt, sondern dass er im Herd endet - zusammen mit einer Auswahl geschältem Gemüse."

© SZ vom 13.06.2008/lpr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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