Berge und Bäder:Thermenwelt im Alpenland

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Ursprüngliche Natur, frische Luft und klares Wasser sind die Wellness-Grundzutaten - Österreich hat noch ein paar Extras dazu

Von Jutta Mlnraschik

Zugegeben, Natur, Luft und Wasser gibt es an vielen Orten der Welt. Doch die Alpen sind schon etwas Besonderes. Das Panorama von Bergen und Hügeln tut der Seele gut, die Höhenluft dem Körper, der alleine schon durch den Aufenthalt auf 1500 bis 2500 Metern trainiert wird. Bewegung in den Höhenlagen der Alpen stärken Herz und Kreislauf. Weiteres Plus: Wo Berge sind, da sind auch Quellen - und mit etwas Glück sind sie warm und heilsam. Insgesamt haben bereits 27 Thermalorte in ganz Österreich (außer Vorarlberg) rund um ihre Quellen komplexe Wohlfühl- und Gesundheitsoasen, inklusive Wellnesshotels, errichtet, manche liegen nur wenige Kilometer voneinander entfernt. Zu viel für das kleine Land? Offensichtlich nicht.

Thermen in Bad Wörishofen (Foto: Foto: DPA)

Die Heilwirkung des Thermalwassers, das mit 35 bis 80 Grad aus der Erde kommt, variiert je nach Zusammensetzung. Bad Stegersbach im Südburgenland etwa besitzt zwei Quellen - eine tut der Haut gut, die andere den Gelenken. "Die anderen Thermen in der Nähe konzentrieren sich auf andere Leiden, setzen andere Schwerpunkte. Wir ergänzen uns da gut", erklärt Bettina Freißmuth, Assistentin der Geschäftsführung der Burgenländischen Hotel- und Thermenbetriebsgesellschaft. Das stark mineralisierte Wasser der Bad Tatzmannsdorfer Quelle etwa wirkt unter anderem wohltuend auf Herz und Kreislauf. In der Sonnentherme Lutzmannsburg-Frankenau legt man neben der Behandlung des Bewegungsapparats und der Nerven großen Wert auf Baby- und Kinderschwimmprogramme. In der von Friedensreich Hundertwasser gestalteten Therme Bad Blumau werden Stress und Allergien, Frauenleiden und Rheuma behandelt. Die "Familientherme" Bad Loipersdorf wirkt heilend bei Durchblutungsstörungen und Erschöpfungszuständen.

Das schlichte Trio "Whirlpool, Sauna, Ruheraum" aus den Anfängen der Wellness- Welle hat ausgedient, und selbst Kneipp-Bäder werden heute zu einer Erfahrung für alle Sinne. Erlebniswelten sind gefragt - und werden geliefert. In riesige Bade- und Saunalandschaften werden Wellenbecken und Wildwasserkanäle, Plantschbecken, sogar - wie in Loipersdorf - ein "Babybeach" mit echtem Sand und Muscheln aus Florida integriert. Beauty-Oasen machen schön, Therapiezentren gesund, breit gefächerte Sportprogramme halten fit. Die Zielgruppe der Thermen sind längst nicht mehr nur ältere Menschen, die in Wannenbädern dösen und Heilwasser trinken. In Bad Stegersbach etwa, so erklärt Bettina Freißmuth, "möchten wir seit unserem Umbau im vergangenen Jahr die Frau ab 40 ansprechen". Und weil die meist Familie hat, gibt es nicht nur kalte und warme Indoor- und Outdoor-Pools, Saunen und Dampfbäder; auch Indoor- Rutschen und Kinderanimationsprogramm gehören dazu. Und während sich Mama mit karibischen Beautypaketen verwöhnen oder mit apparativer Kosmetik verschönern lässt, geht Papa auf den 36-Loch-Golfplatz.

Wohltuendes Schwefelbad (Foto: Foto: DPA)

Die Thermenhotels wollen es jedem recht machen. Typisch österreichische "Spezialitäten" wie Heubad oder Kaiserbad werden ebenso angeboten wie ayurvedische Reinigungsbäder, klassische Massagen neben der hawaiianischen Heilmassage Lomi Lomi Nui, man schwitzt in der Kellerstöcklsauna, im Blütendampfbad oder im türkischen Hamam. In den Fitnessprogrammen stehen Bergwanderungen neben Yoga und Tae Bo. Traditionelle Chinesische Medizin ergänzt die Schulmedizin. Das offenbar einzige Problem der österreichischen Betriebe: ihr Schicksal als Nahziel für den Kurzurlaub. Viele Gäste aus Deutschland und Österreich kommen übers Wochenende. "Zu kurz", meint Bettina Freißmuth. "Wir versuchen, unsere Gäste zu überzeugen, mindestens vier Tage zu bleiben. Schließlich dauert es ein, zwei Tage, um abzuschalten. Erst dann kann man sich auf die Anwendungen einlassen und ist offen für neue Impulse." Dennoch: Das Thermalwesen boomt, und den Um- und Neubauprojekten zufolge ist ein Ende nicht in Sicht. Die Burgenlandtherme Bad Tatzmannsdorf etwa präsentiert Ende Juni neue Saunen, Warmwasserbecken und einen Meditationsgarten. Bad Gleichenberg in der Steiermark dagegen schließt zum 31. Mai. Der Grund: Kompletter Neubau der Therme und weitgehender Umbau der Kurtherme. Und erst am 1. Oktober 2004 öffnete der Aqua Dome in Längenfeld im Ötztal - die erste und bisher einzige Therme Tirols: die dortige Heilquelle war bereits im 16. Jahrhundert bekannt, jetzt steht hier auf 1300 Metern Höhe ein futuristisches Ensemble mit schwebenden Outdoor-Schalenbecken und riesigen Panoramafenstern mit freiem Blick auf die Ötztaler Gletscherwelt. Doch die Konkurrenz schläft nicht: Tief im Boden unter Kramsach im Inntal wurde im Jahr 2000 eine warme Quelle mit 17 000 bis 20 000 Jahre altem Wasser entdeckt. Demnächst soll dort die "Alpen Therme Tirol" entstehen. Man kämpft noch um den Standort, doch eines ist sicher: Die Phantasie der Planer wird Kapriolen schlagen.

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