Zschäpe:Reden, ohne zu erklären

Nach 312 Verhandlungstagen hat die Hauptangeklagte im NSU-Prozess geredet. Und dabei nichts gesagt.

Von Annette Ramelsberger

Dreieinhalb Jahre lang hat sie geschwiegen. Dann, am 313. Verhandlungstag, hat Beate Zschäpe geredet. Man weiß jetzt, wie sich ihre Stimme anhört: fest, klar, mit leichtem Thüringer Akzent. Recht viel mehr weiß man nicht. Denn die Hauptangeklagte im NSU-Prozess hat es bei einer Minimal-Erklärung belassen. Kurz zusammengefasst besagt die: Zschäpe war nationalistisch, das habe sich geändert, jetzt sei sie nicht mehr nationalistisch. Und was den Opfern geschah, tue ihr leid. Mehr nicht.

Damit hat Zschäpe nichts geklärt. Nicht, wie es dazu kam, dass sie sich angeblich geändert hat. Nicht, warum sie erst so spät ihr Bedauern über die Morde erklärt - das hätte sie, selbst wenn sie ansonsten geschwiegen hätte, vor Gericht nicht schlechter gestellt.

Zschäpes Erklärung kommt auf den letzten Metern des Prozesses. In drei Wochen soll der psychiatrische Sachverständige sein Gutachten über sie vorstellen. Zudem ist ein Brief aufgetaucht, in dem sie sich sehr selbstbewusst zeigt - das widerspricht ihrer Selbstdarstellung als emotional Abhängige des NSU. Diesen Brief sandte sie noch dazu an einen Rechtsradikalen, der einen Ausländer überfallen hat. Keiner schreibt einem vor, welchen Brieffreund man sich aussucht. Aber ein Brief an die Heilsarmee wäre sicher unverdächtiger gewesen. Es läuft nicht gut für Beate Zschäpe. Ob sie redet oder nicht.

© SZ vom 30.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: