Yıldırım in Oberhausen:Der türkische Premier steht vor einem leicht bizarren Auftritt

Gerade kam wegen "Terrorpropaganda" ein deutscher Reporter in der Türkei in Polizeigewahrsam, nun will Premier Yıldırım in Oberhausen mit ausgewanderten Landsleuten "diskutieren". Ach echt jetzt?

Kommentar von Detlef Esslinger

Was für einer Mühe sich der türkische Premier Binali Yıldırım doch unterzieht! Bis nach Oberhausen reist er, um an diesem Samstag aus Anlass des Referendums im April "Tausende ausgewanderte Landsleute zu treffen, mit ihnen zu diskutieren, ihre Vorschläge anzuhören". Ach echt jetzt, Yıldırım will diskutieren? So richtig über andere Meinungen, und Leute ausreden lassen? Das wäre aber mal eine Neuigkeit.

Im Fall von Landsleuten, die nicht ausgewandert sind, ist die Diskussion jedenfalls keine vom Premier bevorzugte Umgangsform. Für diese Landsleute hält er Inhaftierung und Einschüchterung bereit. Am Freitag kam wegen "Terrorpropaganda" ein Reporter der Welt in Gewahrsam; er hat neben dem deutschen auch den türkischen Pass. Wenige Tage zuvor hielt es die Zeitung Hürriyet für ratsam, ein Interview mit Orhan Pamuk, dem Literaturnobelpreisträger, lieber wegzuwerfen. Der hatte darin zwar einen Vorschlag gemacht, allerdings den, dem Präsidenten Erdoğan im Referendum seine Verfassungsreform zu verweigern.

Vorschläge sind in Yıldırıms Welt etwas, das er fürs Ruhrgebiet in Erwägung zieht. Er nutzt die Redefreiheit in Deutschland, um für die Abschaffung derselben daheim zu werben. Ein wenig bizarr. "Wer sind Sie? Was machen Sie da?" Wer aber so rief, voller Empörung, das war Erdoğan - nachdem es sich vor einem Jahr der deutsche Botschafter erlaubte, in Istanbul einen Prozess gegen zwei Journalisten anzuschauen.

© SZ vom 18.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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