WM-Affäre:DFB-Präsident Niersbach tritt zurück

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Der Chef des Verbands zieht damit die Konsequenz aus der Affäre um Zahlungen bei der WM-Vergabe. Derweil wirft ein neu aufgetauchtes Dokument Fragen auf - und bringt eine umstrittene Figur ins Spiel.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Die Affäre beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) rund um die Weltmeisterschaft 2006 weitet sich nach dem Rücktritt von Präsident Wolfgang Niersbach noch aus. Bei den internen Ermittlungen im DFB ist nach Informationen der Süddeutschen Zeitung in den Verbandsakten ein Schriftstück gefunden worden, das die bisherige Darstellung von Niersbach, es habe keine fragwürdigen oder gar unzulässigen Einflussnahmen auf die Vergabe der WM 2006 nach Deutschland gegeben, erheblich ins Wanken bringt.

Bei dem Schriftstück soll es sich um den Entwurf für einen Vertrag handeln, der im Jahr 2000 abgeschlossen werden sollte, kurz vor der Vergabe der WM 2006 durch das Exekutivkomitee des Weltverbands Fifa. Als Vertragspartner seien ein Mitglied der Fifa-Exekutive beziehungsweise dessen Verband vorgesehen gewesen, sagten mehrere Insider der SZ. Einem dieser Insider zufolge handelt es sich um Jack Warner und Concacaf, den Fußballverband für die Karibik, Nord- und Zentralamerika. Warner war Concacaf-Präsident. Seinem Verband sollten offenbar umfangreiche Leistungen des DFB zugesagt werden. Warner war zugleich Vizechef der Fifa, deren Exekutivkomitee sich damals mit 12:11 Stimmen für Deutschland und gegen Südafrika entschied. Warner, eine der größten Skandalfiguren in der Fifa, wurde von deren Ethikkommission erst vor wenigen Wochen lebenslang für alle Fußballämter gesperrt. Er sei Drahtzieher von Systemen zur "Gewährung, Annahme und Empfang verdeckter und illegaler Zahlungen" gewesen, "sowie anderer Systeme zur Bereicherung". Nach Angaben von Insidern soll Niersbach mit dem Vorgang im Jahr 2000 nichts zu tun gehabt haben. Er habe vielmehr erst jetzt davon erfahren. Um den Vertragsentwurf habe sich damals, im Vorfeld der WM-Vergabe, ein anderes Mitglied des deutschen Bewerberkomitees für die WM 2006 gekümmert. Der Vertragsentwurf sei möglicherweise nicht verwirklicht worden, angeblich habe der DFB dafür kein Geld gehabt oder ausgeben wollen. Dennoch gibt es jetzt auch im Verband Zweifel, ob bei der Vergabe der WM nach Deutschland alles sauber gelaufen sei.

"Wir müssen uns mit der Frage, unter welchen Umständen die WM 2006 vergeben worden ist, näher befassen", sagte DFB-Vizepräsident Rainer Koch am Montag. Verbandschef Niersbach begründete nach einer Sitzung der DFB-Führungsgremien seinen Rücktritt mit den Worten, er übernehme die "politische Verantwortung" für die ungeklärten Vorgänge rund um die WM 2006. Es gebe Punkte in dieser Affäre, bei denen er sich "selber nicht in der Verantwortung fühle", betonte Niersbach.

Nunmehr seien aber Dinge aufgedeckt worden, die ihn zu diesem Schritt veranlassen würden. "Das Amt des DFB-Präsidenten darf damit nicht belastet werden." Er habe sich persönlich nichts vorzuwerfen, erklärte Niersbach. Satzungsgemäß übernehmen übergangsweise Reinhard Rauball, Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL), sowie der erste Vizepräsident Koch das Amt.

© SZ vom 10.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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