Weltweiter Terrorismus:Tarnung mit Konvertiten

Lesezeit: 1 min

Die Aktivisten des weltweiten islamistischen Terrornetzwerks rekrutieren nach Erkenntnissen deutscher Sicherheitskreise für ihren Heiligen Krieg immer häufiger Europäer, die zum muslimischen Glauben übergetreten sind.

Von Annette Ramelsberger

Diese Konvertiten benutzten sie dann wegen ihres unauffälligen Aussehens und ihrer unverdächtigen Namen als Kuriere zwischen den einzelnen islamistischen Zellen. Zunehmend würden auch Frauen angeworben. "Wir erwarten, dass demnächst bei Anschlägen auch Frauen eingesetzt werden", erklärten die Experten. Es seien bereits erste religiöse Schriften aufgetaucht, die den Einsatz von Frauen rechtfertigten.

Schätzung von zehn Prozent Konvertiten

Die Experten schätzen den Anteil europäischer Konvertiten am Netzwerk des Terrors bereits auf zehn Prozent. So hatte der als Haupttäter von Madrid verdächtigte Dschamal Sugam immer wieder Kontakte zu dem bekannten französischen Konvertiten Jerome Courtailler. In Australien sollte der britische Konvertit Jack Roche ein islamistisches Netzwerk knüpfen. Als Roche 2002 in Sidney gefasst wurde, schickten seine Hintermänner den französischen Konvertiten Willy Brigitte nach Australien.

Auch er wurde festgenommen. In Deutschland ist vor allem der Fall Christian Ganczarski bekannt geworden, der von Polen nach Deutschland übersiedelte und hier zum Islam übertrat. Der Attentäter von Djerba hatte Ganczarski kurz vor dem Anschlag angerufen und um "Gottes Segen" gebeten. Ganczarski soll auch in den Lagern Afghanistans gewesen sein. Er sitzt derzeit in Frankreich im Gefängnis.

Gezielte Einbürgerungen

Zugleich beobachten die Sicherheitsbehörden, dass sich Islamisten gezielt einbürgern lassen, um sich vor einer Ausweisung zu schützen. So betreibe der Neu-Ulmer Imam Dr. Jedi Jussuf, der als zentrale Figur der Islamistenszene gilt, derzeit seine Einbürgerung in Bayern.

Das Verfahren ist noch nicht entschieden. Jussuf und sein Kollege Mohammed Belfas in Hamburg gelten als besonders attraktive Anlaufstationen: Sie sollen sich gezielt an Konvertiten wenden. Belfas wurde bereits im Jahr 2000 eingebürgert. "Das Streben nach dem deutschen Pass gehört zum von uns beobachteten Modus Operandi", sagt ein hoher Sicherheitsmann.

© SZ vom 1.4.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: