Weißbuch:"Instrument deutscher Sicherheitspolitik"

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Das neue Weißbuch beschreibt die Aufgaben der Armee und bekennt sich zur Wehrpflicht. Ein Überblick.

Peter Blechschmidt

Der Einsatz der Bundeswehr zur Abwehr terroristischer Angriffe ist nur ein Thema im "Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr", dessen Entwurf das Verteidigungsministerium fertig gestellt hat.

Auf 104 Seiten werden die Einbettung Deutschlands in die internationalen Organisationen wie Nato, EU und UN bekräftigt, die Bundeswehr als "Instrument deutscher Sicherheitspolitik" und als "Armee im Einsatz" definiert sowie die Organisation der Streitkräfte und die Rüstungspolitik beschrieben.

Außerdem enthält der Entwurf ein uneingeschränktes Bekenntnis zur Wehrpflicht. Ein im Inhaltsverzeichnis angekündigtes Kapitel "Perspektiven für eine vernetzte Sicherheitspolitik" fehlt noch.

Internationaler Rahmen: Deutschland stehe zu seiner internationalen Verantwortung für Frieden und Freiheit und verfolge damit den dauerhaften Schutz und das Wohl seiner Bürger, heißt es im Weißbuch. "Dabei sieht sich Deutschland einer Vielzahl von Erwartungen seiner Freunde und Partner gegenüber." National wie international seien "vernetzte sicherheitspolitische Strukturen" erforderlich. Die Nato sei der stärkste Anker deutscher Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Grundfragen der europäischen Sicherheit könnten auch künftig nur gemeinsam mit den USA beantwortet werden. Die EU solle ihre Fähigkeit zu eigenen militärischen Operationen weiterentwickeln, wobei sich Deutschland im Rahmen seiner EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 dafür einsetzen werde, Doppelungen zwischen EU und Nato zu vermeiden.

Gefahren für die Sicherheit: Die größte Gefahr gehe heutzutage vom internationalen Terrorismus aus, heißt es im Weißbuch. Die nationale Sicherheitsvorsorge müsse sich auf "planvoll handelnde, in länderübergreifenden Netzwerken verbundene Gegner einstellen, die ohne ethische und moralische Grenzen ihre Anschläge ausführen". Dabei könne selbst der Einsatz nuklearer, chemischer und biologischer Mittel nicht ausgeschlossen werden. Naturkatastrophen, ethnische Konflikte und der Zerfall staatlicher Strukturen in Asien und in Afrika könnten ganze Regionen destabilisieren und die internationale Sicherheit massiv beeinträchtigen. Deutschland besitze nach wie vor eine hohe Anziehungskraft für Flüchtlinge. Wegen seiner Abhängigkeit vom Export sei Deutschland auf sichere Transportwege angewiesen, als rohstoffarmes Land sei es in hohem Maß von einer gesicherten Rohstoffzufuhr abhängig. Deshalb gelte es, sich insbesondere den Regionen zuzuwenden, in denen wichtige Rohstoffe und Energieträger gefördert werden. Krisen und Konflikten müsse dort begegnet werden, wo sie entstehen.

Bundeswehr im Einsatz: Die Bundeswehr wandele sich seit Jahren zu einer Armee im Einsatz, schreiben die Weißbuch-Verfasser. Neu ist der Gedanke, dass sich Auslandseinsätze stärker an deutschen Interessen orientieren sollen. "In jedem Einzelfall" sei "eine klare Antwort auf die Frage notwendig, inwieweit Interessen Deutschlands den Einsatz erfordern und rechtfertigen". Weltweit müssten deutsche Staatsbürger aus gefährlichen Situationen gerettet werden. Dies erfordere schnell verfügbare Spezialkräfte. Die klassische Landesverteidigung bleibe eine zentrale Aufgabe, doch sei die Gefahr eines staatlichen Angriffs auf absehbare Zeit eine unwahrscheinliche Bedrohung.

Einsätze im Innern: Für Hilfeleistungen im Inland verfüge die Bundeswehr über vielfältige Fähigkeiten. Dazu gehörten ABC-Abwehrkräfte, Pioniere, Feldjäger, Aufklärer, Sanitäter und Rettungskräfte zu Land und zur See. Alle diese Kräfte stünden für Hilfseinsätze zur Verfügung.

Stärke und Struktur: Bis zum Jahr 2010 soll die Bundeswehr 252500 aktive Soldatinnen und Soldaten sowie 75000 Zivilbedienstete umfassen. Bei den Soldaten ist dieser Stand bereits erreicht, im zivilen Bereich bedeutet dies den Abbau von 45000 Stellen. Die Streitkräfte werden gegliedert in 35000 so genannte Einsatzkräfte für friedenserzwingende Operationen oder Rettungseinsätze, in 70000 Stabilisierungs- und in 147500 Unterstützungskräfte.

Wehrpflicht: Die Wehrpflicht habe sich "uneingeschränkt bewährt", heißt es in dem Entwurf. Durch sie bleibe die Bundeswehr in stetem Austausch mit der ganzen Gesellschaft, insbesondere mit der jungen Generation. Um mehr Wehrgerechtigkeit zu erreichen, sollten 2006 und 2007 mehr Wehrpflichtige einberufen werden.

Finanzen, Privatisierung und Rüstung: Für eine weitere Absenkung des Wehretats von derzeit etwa 24 Milliarden Euro pro Jahr sehen die Verfasser des Weißbuches "keine Spielräume". Die Zusammenarbeit mit der privaten Wirtschaft solle ausgebaut werden, um die Wirtschaftlichkeit des Betriebs zu erhöhen. Eine leistungsfähige nationale Rüstungsindustrie müsse erhalten bleiben.

© SZ vom 13.5.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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