Wangari Maathai:Geschnitzt aus hartem Holz

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Sie als radikal zu bezeichnen, ist wohl eher untertrieben - warum Wangari Maathai als erste Afrikanerin den Friedensnobelpreis bekommt.

Von Michael Bitala

Kapstadt, 8. Oktober - Nicht einmal jetzt, im Moment des größten Triumphs, kann sie warten. Nein, Wangari Maathai verkündet selbst, dass sie den Friedensnobelpreis bekommen hat. Dabei wären es doch nur noch ein paar Minuten gewesen, und dann hätte das Komitee in Oslo ihren Namen offiziell preisgegeben.

Verkündete selbst, dass sie den Friedensnobelpreis bekommen hat - Wangari Maathai. (Foto: Foto: dpa)

Wangari Maathai aber konnte noch nie warten. Sie hat noch nie jemandem die Initiative überlassen, wenn es um sie selbst und um ihre Arbeit geht. So ist sie nun nicht nur die erste Afrikanerin, die den Friedensnobelpreis erhält, sie war auch die erste Kenianerin, die einen Doktortitel erlangte, die erste, die Professorin wurde, die erste, die sich mit den Mächtigen des Landes angelegt hat.

Zurückhaltung und Unterordnung, all diese vermeintlichen Tugenden, die Männer, vor allem in Afrika, so gerne von Frauen fordern, sind der 64-Jährigen ein Graus.

Sie prescht vor, kämpft, provoziert und weicht auch nicht zurück, wenn ihr Gewalt droht. Sie allein als "Umweltaktivistin" zu bezeichnen, wäre grobe Untertreibung. Sie ist im besten Wortsinn eine lautstarke Vorkämpferin.

"Grüngürtel-Bewegung"

Um die Leistung von Wangari Maathai einschätzen zu können, muss man die vergangenen Jahrzehnte in Kenia Revue passieren lassen. Das Land litt bis Dezember 2002 unter dem autoritären und vor allem hochkorrupten Regime von Daniel arap Moi. Und dieser betrachtete Kenia als seinen Privatbesitz. Um seine Machtclique bei Laune zu halten, verschenkte er unter anderem riesige Gebiete staatlichen Landes und gab sie zum Abholzen frei.

Verschlimmert wurde die Situation dadurch, dass auch die zunehmend verarmende Bevölkerung ebenfalls Wälder zerstört hat, um Feuerholz zum Kochen und Heizen zu bekommen. All das hat dazu geführt, dass Kenia heute wie nie zuvor abwechselnd unter Dürre und Schlammlawinen leidet.

Wangari Maathai protestierte nicht nur gegen die Umweltzerstörung und den Landraub, der schon während der Herrschaft des Staatsgründers Jomo Kenyatta begonnen hatte, sie gründete 1977 auch die erste Umweltorganisation des Landes, die "Grüngürtel-Bewegung".

Hoher Preis

Diese hat inzwischen nicht nur 30 Millionen Bäume gepflanzt, Maathai kämpfte mit ihrer Organisation auch immer für Menschenrechte, für Demokratie und die Gleichberechtigung der Frauen. Maathais Grundüberzeugung ist, dass nur eine intakte Umwelt und ein gleichberechtigtes Zusammenleben eine friedliche Welt ermöglichten.

Wie richtig diese Erkenntnis ist, die sie schon vor Jahrzehnten gewann, zeigen nicht nur die stark zunehmenden Landkonflikte in Kenia, Äthiopien oder Uganda, selbst in den großen Kriegen, im Sudan oder im Kongo,

geht es nicht zuletzt um immer knapper werdende Ressourcen wie Wasser, Acker- oder Weideflächen.

Zwar sind Maathais Zusammenstöße mit der kenianischen Polizei, bei denen sie meist einen Baumsetzling in der Hand hielt, heute legendär. Aber sie hat einen hohen Preis dafür bezahlt. Sie wurde mehrfach vom Moi-Regime eingesperrt und misshandelt und bei Demonstrationen von der Polizei verprügelt, noch 1999 so schwer, dass sie bewusstlos ins Krankenhaus gebracht wurde.

"Vielfraße" Die Vergabe des Friedensnobelpreises an Wangari Maathai hat wohl jeden überrascht, einen besseren Zeitpunkt für ihre Arbeit aber könnte es nicht geben. In den vergangenen anderthalb Jahren war es relativ ruhig um sie geworden. Im Dezember 2002 endete die Ära Moi durch einen überwältigenden Wahlsieg von Mwai Kibaki, und dieser ernannte Maathai im Januar 2003 zur stellvertretenden Umweltministerin.

Danach sah es so aus, als ob sie das gleiche Schicksal ereilt wie viele Oppositionelle, die plötzlich an die Macht gekommen sind. Sie können nicht mehr so laut protestieren und auf die Verfehlungen der eigenen Regierung aufmerksam machen. Anlässe für Proteste aber gibt es genug. Kibakis Herrschaft ist heute ähnlich umstritten wie die von Moi.

Korruption und Machtmissbrauch haben inzwischen wieder derartige Ausmaße erreicht, dass selbst diejenigen in Rage geraten, die beruflich zur Zurückhaltung aufgefordert sind. Der britische Botschafter in Kenia, Edward Clay, warf den Herrschenden vor kurzem vor, sich wie "Vielfraße" zu benehmen. "Nur kann die Regierung kaum von uns erwarten, dass es uns egal ist, wenn ihre Völlerei dazu führt, dass sie uns auf die Schuhe kotzen", sagte der Diplomat vor einem staunenden Publikum.

Wangari Maathai gestand dann auch in einem Interview, dass ihre Position schwierig sei und sie sich mehr Einfluss in der Regierung wünsche. Anfang dieser Woche drohte sie gar, ihren Posten hinzuwerfen, sollte sich Kibakis Kabinett nicht endlich zu einer gerechteren Landpolitik durchringen können.

Der Friedensnobelpreis aber könnte nicht nur dazu führen, dass sie den gewünschten Einfluss bekommt, vielleicht will sie ja noch höher hinaus. 1997 ist sie schon einmal als Präsidentschaftskandidatin angetreten. Interpretiert man ihre bisherige Hartnäckigkeit richtig, dann wäre sie wohl auch heute noch gerne die erste Staatschefin Afrikas.

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