Wahlkampf:Minijobber im Kanzleramt

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Die SPD kritisiert, dass Mitarbeiter der Regierungszentrale für den Wahlkampf der CDU eingespannt werden. Nun will sie das Vorgehen überprüfen lassen - ausgerechnet von CDU-Verantwortlichen.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Der deutsche Bundestagswahlkampf ist um eine Posse reicher. Die SPD kündigte am Montag an, prüfen zu lassen, ob die politische Konkurrenz ihren Wahlkampf ordnungsgemäß finanziert. Die SPD-Bundestagfraktion verschickte am Nachmittag Briefe an die Präsidenten des Bundesrechnungshofs, des Bundestags sowie an den Chef des Bundeskanzleramts und den Bundesinnenminister, in denen sie diese auffordert, bis zum 30. August die Frage zu beantworten, ob es bei der wahlkämpfenden CDU finanziell mit rechten Dingen zugeht.

Die SPD sah sich nach eigenen Angaben zu dem Auftrag veranlasst, nachdem Recherchen der Welt am Sonntag ergeben hatten, dass Mitarbeiter des Bundeskanzleramts auf der Basis einer "geringfügigen Beschäftigung" während des Wahlkampfs beschäftigt seien, unter ihnen auch Eva Christiansen, Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Leiterin der Stabsstelle Politische Planung, Grundsatzfragen und Sonderaufgaben im Kanzleramt, sowie der stellvertretende Büroleiter von Kanzleramtschef Peter Altmaier. Zudem habe es mindestens eine Wahlkampfbesprechung der CDU im Hause der Konrad-Adenauer-Stiftung gegeben, an der Unions-Spitzenkandidatin Merkel sowie weitere CDU-Mitglieder teilgenommen hätten. Für die Nutzung der Räume soll keine Miete gezahlt worden sein. "Die Bundeskanzlerin und der Chef des Kanzleramts haben eine besondere Vorbildfunktion. An der Trennung von Amts- und Parteifunktion gerade im Wahlkampf darf es keinen Zweifel geben", begründeten SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider und der haushaltspolitische Sprecher der SPD, Johannes Kahrs, ihre Schreiben.

Merkels Sprecher sagt, Flüge der Kanzlerin zu Wahlveranstaltungen würden extra abgerechnet

Es liegt bereits eine gewisse Ironie darin, dass die SPD ausschließlich von der CDU-geführte Stellen auffordern musste, den Wahlkampf der eigenen Partei zu untersuchen. "Wir haben vier Christdemokraten beauftragt zu prüfen, ob die Vorwürfe gegen die Christdemokraten stimmen", sagte Kahrs. Reichlich peinlich für die CDU wird die Sache mit den Minijobs im Kanzleramt aber vor dem Hintergrund einer Bemerkung von CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Erst Anfang Juli hatte Tauber auf Twitter behauptet, dass niemand einen Minijob annehmen müsse, der eine gute Ausbildung habe. Der Tweet hatte viel Kritik ausgelöst. Jetzt dürfte noch Spott dazukommen, weil bestens ausgebildete und hochrangige Mitarbeiter des Kanzleramts selbst zusätzlich Minijobs ausüben.

Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigte am Montag, dass drei Mitarbeiter des Kanzleramts "in der Zeit des Wahlkampfs in begrenztem zeitlichen Umfang für die Parteigeschäftsstelle" arbeiteten. Die Nebentätigkeiten seien genehmigt beziehungsweise angezeigt worden. Er sagte, dass bereits in den Wahljahren 2009 und 2013 ein beziehungsweise zwei Mitarbeiter des Kanzleramts für die CDU vorübergehend und begrenzt Wahlkampf gemacht hätten. Seibert sagte weiter, dass die Kosten für Flüge zu Wahlkampfveranstaltungen der Kanzlerin von der CDU übernommen würden. Was die CDU für die Flüge mit der Flugbereitschaft zu bezahlen habe, wurde zunächst nicht mitgeteilt. Die Flugbereitschaft steht der Kanzlerin, Ministern und ranghohen Politikern zur Verfügung.

Ob die CDU für die Nutzung der Räume der Konrad-Adenauer-Stiftung gezahlt hat, blieb offen. Die Stiftung wird großteils aus öffentlichen Mitteln finanziert und muss getrennt von der CDU arbeiten. "Deshalb haben wir den zuständigen Bundesinnenminister de Maizière heute um Prüfung der Vorwürfe gebeten, wonach Räumlichkeiten der Konrad-Adenauer-Stiftung der CDU unentgeltlich für Wahlkampfzwecke zur Verfügung gestellt wurden", sagten Schneider und Kahrs. Dies gelte auch für etwaige Gespräche der CDU im Kanzleramt. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte der Welt, wenn Merkel das Kanzleramt für ihren Wahlkampf nutze, sei das ein "handfester politischer Skandal".

© SZ vom 22.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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