Wahlanalyse:Wo für die AfD nichts zu holen war

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In der katholisch-konservativen Provinz ist die Protestpartei am Sonntag gescheitert - anders als im Ruhrgebiet.

Von Detlef Esslinger, München

Wahlübertragung in Düsseldorf: In einem Wahlkreis der Landeshauptstadt hatte Markus Pretzells AfD nicht einmal einen Kandidaten aufgestellt. (Foto: Christian Charisius/dpa)

Nachdem sich der nordrhein-westfälische CDU-Landesvorsitzende Armin Laschet die Wahlergebnisse im Detail angeschaut hatte, sagte er: "Die AfD ist am schwächsten auf dem Land, in den konservativen katholischen Gegenden." Münsterland, Sauerland, Ostwestfalen also.

Stimmt das?

Die Antwort: Da ist etwas dran. 624 552 Wähler haben am Sonntag die Liste dieser Partei angekreuzt, landesweit bedeutete das 7,4 Prozent. Und wie kam dieses Ergebnis zustande? Faustregel: Die AfD ist umso schwächer, je weiter weg vom Ruhrgebiet ein Wahlkreis liegt - und umgekehrt. Im Wahlkreis Aachen II, der Heimat von Laschet, kam die AfD bei den Erststimmen auf 4,6 Prozent. In den münsterländischen Wahlkreisen um die Kleinstädte Borken, Coesfeld und Steinfurt erzielte sie zwischen 3,6 und 4,1 Prozent; im Wahlkreis Münster I waren es sogar nur 2,8 Prozent. In 17 der 128 Wahlkreise schaffte es die AfD nicht, einen eigenen Kandidaten aufzustellen - auch dabei handelte es sich überwiegend um solche mit überwiegend konservativ-katholischem Milieu: Rhein-Erft-Kreis II (westlich von Köln), Düsseldorf II, Wesel IV, Borken I, Coesfeld II, Steinfurt I, Hochsauerlandkreis II. Es sind meistens Wahlkreise, in denen die CDU strukturell dominiert. In dem genannten sauerländischen Wahlkreis zum Beispiel lag sie bei den Erststimmen mit 56,5 Prozent um mehr als 30 Prozentpunkte vor der SPD. In Steinfurt I lauteten die Werte: 53,3 Prozent für die CDU, 27,2 Prozent für die SPD.

Umgekehrt ist auffällig, wo die Protestpartei AfD besonders viele Stimmen holte: in den problembeladenen Städten des Ruhrgebiets, der vermeintlichen SPD-Herzkammer. Nur dort schaffte sie zweistellige Ergebnisse. Duisburg III, bei den Erststimmen: 11,0 Prozent. Essen I/Mülheim II: 13,3 Prozent. Gelsenkirchen II: 13,9 Prozent. Duisburg IV/Wesel V: 14,1 Prozent. Die AfD wurde in den bröckelnden Hochburgen der SPD stark, wenngleich diese von den Wahlkreiskandidaten der langjährigen Regierungspartei weiter allesamt gewonnen werden konnten.

Die Wähler in NRW hatten am Sonntag zwei Stimmen, wie bei der Bundestagswahl: Mit der Erststimme wählten sie einen Direktkandidaten, mit der Zweitstimme kreuzten sie die Landesliste einer Partei an. Um die Stärke der AfD zu ermessen, ist der Blick auf die Erststimmen besonders hilfreich. Da AfD-Kandidaten ja keine Chance haben, Wahlkreise zu gewinnen, zeigt sich in der Erststimme der harte Kern ihrer Wählerschaft; wie auch Grüne und FDP bekommt die AfD in der Regel überall mehr Zweit- als Erststimmen. Ihren 624 552 Zweitstimmenwählern stehen 460 450 Erststimmenwähler gegenüber; das sind 5,4 Prozent.

Die Ergebnisse zeigen, wie unhaltbar eine ohnehin umstrittene These wohl ist: dass die AfD ihre Wähler vor allem in einem konservativ-rechten Milieu findet. Derjenige Teil des Kleinbürgertums, der bisher der SPD nahestand, ist mindestens ebenso empfänglich für sie. Doch es gibt auch Annahmen, die bleiben wahr - zum Beispiel, dass die AfD eine Männerpartei ist. Bei den Männern kam sie auf neun Prozent, bei den Frauen nur auf fünf. Und in den Landtag entsendet sie 16 Abgeordnete. Darunter 14 Männer.

© SZ vom 17.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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