Vor dem Bush-Besuch in Nahost:Schöner Schein und unsicheres Terrain

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Blumen, Flaggen und gesperrte Straßen: Israel inszeniert den Besuch des US-Präsidenten, um wenigstens einen kleinen Erfolg zu erzielen.

Thorsten Schmitz

Der erste Besuch von US-Präsident George W. Bush in Israel seit Beginn seiner Amtszeit vor sieben Jahren wird das öffentliche Leben in der Hauptstadt Jerusalem drei Tage lang lahmlegen.

Jerusalem flaggt für den ersten Besuch von George Bush (Foto: Foto: AP)

Seit mehr als einer Woche beschäftigen sich die Medien mit (fast) nichts anderem als den zu erwartenden Staus und den Verschönerungsarbeiten um das ehrwürdige Hotel King David, in dem der Präsident für seine Entourage alle 237 Zimmer hat buchen lassen.

Im Zentrum Jerusalems wurden Bäume und Blumen gepflanzt, Mitarbeiter des FBI haben Abwasserkanäle mit Roboterfahrzeugen geprüft, und Anwohner wurden gebeten, auf ihre Autos zu verzichten. Sogar die Autobahn, die Tel Aviv mit Jerusalem verbindet, wird nach Bushs Ankunft am Mittwochmorgen für ein paar Stunden komplett gesperrt.

Bush, heißt es offiziell, komme nach Israel und - für ein paar Stunden - in die Palästinensergebiete, um den auf der Annapolis-Konferenz vereinbarten israelisch-palästinensischen Friedensprozess zu unterstützen.

Ende November hatten sich Israels Regierungschef Ehud Olmert und Palästinenserpräsident Machmud Abbas darauf verständigt, bis Ende des Jahres 2008 einen Friedensvertrag auszuarbeiten. Bislang allerdings sind sämtliche Gespräche zwischen den israelischen und palästinensischen Verhandlungsteams ergebnislos verlaufen. Israelische Medien halten es deshalb für illusorisch, dass Bushs Visite außer "schönem Schein" etwas bringen werde.

Um offenbar dennoch eine "positive Atmosphäre" zu schaffen, wollen sich Olmert und Abbas an diesem Dienstag in Jerusalem treffen. Beide hätten der US-Regierung versprochen, meldete die Jerusalem Post, sich bis zu Bushs Ankunft auf einen Rahmen für die Friedensverhandlungen zu einigen.

Bisherige Gespräche in den vergangenen sechs Wochen zwischen Israel und den Palästinensern waren am Streit über den Ausbau jüdischer Siedlungen ergebnislos verlaufen. Zudem wird Israels Armee eigenen Angaben zufolge die Militäraktivitäten im Gaza-Streifen während Bushs Aufenthalt in Israel auf ein Minimum reduzieren.

Auch ist die Zentrale der fürs Westjordanland zuständigen israelischen Polizei nicht wie geplant vergangene Woche in ihr neues Gebiet E1 verlegt worden, das zwischen der jüdischen Siedlung Maale Adumim und dem Osten Jerusalems liegt. Und obwohl es üblich ist, dass Präsidenten und Regierungschefs immer auch die Oppositionsführer treffen, wird Bush nur mit Befürwortern der Annapolis-Konferenz zusammenkommen.

Oppositionsführer Benjamin Netanjahu, der sich gegen Friedensgespräche mit der Palästinenserführung ausspricht, solange die palästinensische Gewalt andauere, beschwerte sich am Montag erfolglos über den Ausschluss vom Präsidentenbesuch. Der Terminkalender des Präsidenten, so hieß es, sei zu voll.

Dessen ungeachtet aber ließ sich ein Zeitfenster finden für eine Stippvisite Bushs ans Nordufer des See Genezareth nach Kapernaum, wo Jesus seine Apostel ausgesucht haben soll. Olmert wiederum, der einen Auszug seiner rechten Koalitionspartner fürchten muss, wenn er sich gegenüber den Palästinensern zu versöhnlich zeigt, hat vorsichtshalber seinem ultra-orthodoxen Koalitionspartner "Schas" ein wertvolles Geschenk gemacht: Vier Jahre nach seiner Schließung wird ab sofort wieder ein Religionsministerium eingerichtet, das ein Schas-Mitglied leiten darf.

Die Chancen, dass Bushs Besuch handfeste Ergebnisse zeitigen wird, sind gering. Olmert hat sich aber bereit erklärt, meldeten israelische Medien am Montag, dass er vor den laufenden Kameras der Welt eine Auflösung der "illegalen Siedlungen", der sogenannten Außenposten, bekanntgeben werde.

In den 102 wilden Siedlungen, meist von jugendlichen religiösen Siedlern errichtet, leben derzeit rund 3000 Menschen. In einem Interview mit Israels größter Zeitung Jediot Achronot verkündete Bush am Wochenende, er erwarte von Israel, dass es sämtliche Außenposten auflöse.

Bereits vor sieben Jahren hatte der damalige Premierminister Ariel Scharon versprochen, sämtliche seit 2001 errichteten Außenposten auflösen zu lassen. Bis heute hat Israel 31 dieser Siedlungen geschlosen - wovon allerdings mehr als die Hälfte nicht bewohnt waren.

Palästinenserpräsident Abbas will eigenen Angaben zufolge mit Bush auch über den Ausbau der "legalen" jüdischen Siedlungen im Westjordanland sprechen. Israel hatte zum Missfallen der US-Regierung vor zwei Wochen den Bau von 700 Häusern in zwei jüdischen Siedlungen bekanntgegeben. Es werde "spannend", hieß es am Montag in einem Rundfunkbericht, ob Bush sich "trauen" und die offene Konfrontation mit Israel suchen und den Siedlungsausbau anprangern werde.

© SZ vom 08.01.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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