Volkszählung:Weg frei für Zensus 2011

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In den achtziger Jahren stritt die ganze Republik über die damalige Volkszählung - nun hat die Bundesregierung die Grundlagen für einen neuen Zensus geschaffen. 2011 soll die ganze EU Daten erheben - und manches anders ablaufen.

Die Bundesregierung hat mit der Verabschiedung eines neuen Zensusgesetzes die rechtlichen Voraussetzungen für die Volkszählung im Jahr 2011 geschaffen. Erstmals werden dann in einem neuen Verfahren neben den Menschen auch die Gebäude und Wohnungen in Deutschland gezählt.

1987 gingen gegen den damaligen Zensus unzählige Demonstranten auf die Straße (Foto: Foto: dpa)

Da es sich um eine EU-weite Erhebung handelt, setzt der vom Kabinett in Berlin verabschiedete Gesetzentwurf Vorgaben aus Brüssel um.

Insgesamt sollen die Kosten erheblich geringer ausfallen als beim letzten Mal. Im Gegensatz zu früheren Zählungen sollen nicht mehr alle Bürger befragt werden. Der "registergestützte Zensus" wertet stattdessen zunächst die Melderegister und andere Verwaltungsregister aus. Ergänzt wird dies durch Stichproben und eine schriftliche Befragung der Gebäude- und Wohnungseigentümer.

Diese Befragungen fallen in die Zuständigkeit der Landesämter für Statistik. Auch wenn dabei weniger als ein Drittel der Bevölkerung tatsächlich befragt wird, ist der Aufwand enorm.

Kosten auf 500 Millionen Euro geschätzt

Mit dem Zensus müssen die Behörden einen Pflichtkatalog der EU abarbeiten. Verlangt werden Daten zu Geschlecht, Alter, Familienstand, Staatsangehörigkeit, Geburtsort und -staat, Beruf, Erwerbsstatus, Arbeitsort, Haushaltsgröße, Familientyp und -größe sowie die Angaben zu Gebäudegröße-, alter und -nutzung, Zahl der Bewohner und Art der Ausstattung.

Trotz der Datenfülle haben sich die deutschen Statistiker das ehrgeizige Ziel gesetzt, 18 Monate nach einem Stichtag im Mai 2011 - also etwa Ende 2012 - erste Ergebnisse des Zensus vorzulegen. Die EU will die Daten erst dreieinhalb Jahre nach dem Stichtag vorliegen haben. Die Kosten der "Inventur der Bevölkerung" werden auf 500 Millionen Euro geschätzt.

Die amtlich erfasste Einwohnerzahl dient dem Staat zu vielen Zwecken. Sie ist Richtgröße etwa für den Finanzausgleich zwischen Ländern und Gemeinden, Grundlage für den Zuschnitt von Wahlkreisen und dient den Gemeinden als Planungsgröße für die Infrastruktur.

Massive Protestbewegung in den achtziger Jahren

In der Bundesrepublik gab es zuletzt 1987 eine von vielen Protesten begleitete Volkszählung, in der DDR 1981. Der von einer Boykottbewegung begleiteten Volkszählung von 1987 war damals eine Klage gegen den bereits für 1983 geplanten Zensus vorausgegangen. Das Bundesverfassungsgericht teilte Datenschutz-Bedenken von Kritikern der vierten Zählung in der Bundesrepublik und stellte ein Grundrecht auf "informelle Selbstbestimmung" fest. Der 1983 noch vorgesehene Abgleich mit dem Melderegister war 1987 nicht mehr zulässig.

Dennoch riefen in vielen Orten erneut Bürgerinitiativen zum Boykott auf. Die Grünen im Bundestag stimmten gegen die Volkszählung als Beitrag zu "Verdatung und sozialen Kontrolle" und warnten vor einer Beteiligung. Auf das weit verbreitete Misstrauen reagierte das Statistische Bundesamt mit einer 30 Millionen Mark teuren Werbekampagne.

Kommunen kritisierten die hohen Kosten der Massenbefragung von 630 Millionen Mark - bei ursprünglich errechneten 341 Millionen. Darunter waren jeweils 400 Mark "Ausgleichsgeld" für rund 500.000 Zähler, die von Haus zu Haus gingen. Nach der Erhebung bewertete das Statistische Bundesamt den Boykott als "Fehlschlag". Die Quote der Verweigerer lag bei nur etwa einem Prozent.

© dpa/AP/ihe/liv/aho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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