Volkentscheide:Wir da unten!

Olympia hat verloren, der Bürgerentscheid gewonnen.

Von Detlef Esslinger

Im Leben gibt es nicht nur den Kinder-, sondern auch den Erwachsenenglauben. Kinderglaube verliert sich mit der Zeit, Erwachsenenglaube hingegen verfestigt sich oft - wer einmal zu der Überzeugung gelangt ist, "die da oben" machten sowieso, was sie wollen, der wird davon nur noch schwer wieder abzubringen sein. In einer Zeit, da viele Bürger mit dem Staat hadern, können Volksentscheide ein Wert an sich sein. Das ist vielleicht die wichtigste Erkenntnis aus der Hamburger Abstimmung über Olympia.

Es ist ja vielleicht wirklich mitunter so, dass Politiker nicht das Lebensgefühl derjenigen treffen, deren Repräsentanten sie sind. Es gibt Entscheidungen, die erstens polarisieren sowie zweitens ein Gemeinwesen auf Jahre prägen: Olympia in Hamburg und München, das Schulsystem in Hamburg, der Bahnhofsbau in Stuttgart et cetera. In den vergangenen Jahren hat sich erwiesen, welche Kraft Referenden in solchen Fällen haben. Sie klären nicht nur die Fronten. Sie befrieden sie auch. Man mag sich die Verschwörungstheorien gar nicht ausmalen, zögen Politiker ein hoch umstrittenes Projekt durch, nur weil sie selber ernsthaft denken, es sei doch zum Wohle aller.

Ein anderer Erwachsenenglaube ist, "auf meine Stimme", diese eine, komme es nicht an. In Hamburg lautete das Ergebnis: 51,6 zu 48,4 Prozent. Gut möglich, dass einige Sportfans sich nun ärgern, nicht ins Wahllokal gegangen zu sein.

© SZ vom 02.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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