Vita:Von Brakelsiek ins Schloss Bellevue

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Die Chronik einer außergewöhnlichen Karriere. Steinmeier war fast alles - nur nie einfacher Abgeordneter.

Von Stefan Braun

Ein Morgen in einer turbulenten Woche: Frank-Walter Steinmeier eilt in sein Amtszimmer, die Krawatte muss er noch zurechtmachen, selbst in den letzten Tagen als Außenminister jagt ein Termin den anderen. "Und das, obwohl ich in den nächsten Wochen einfach nur Abgeordneter sein werde", sagt Steinmeier. Und lacht.

Einfacher Abgeordneter - der SPD-Mann ist in fast dreißig Jahren Politik vieles gewesen, aber einfacher Abgeordneter war er nie. Erst war er Referent, dann Chef der Staatskanzlei in Niedersachsen, später Kanzleramtsminister, Außenminister, zwischendurch Fraktionschef, dann wieder Außenminister - der 61-Jährige hat viel für die Exekutive gearbeitet, als Parlamentarier viel weniger.

Und auch jetzt dürfte seine Zeit in den Reihen der SPD-Fraktion extrem überschaubar bleiben. Wenn er an diesem Freitag sein Amt an den Nachfolger Sigmar Gabriel übergeben hat, warten genau zwei etwas ruhigere Wochen auf ihn. Am 12. Februar soll er von der Bundesversammlung zum neuen Bundespräsidenten gewählt werden. Und weil er als Kandidat der großen Koalition auf eine breite Mehrheit hoffen kann, wird er aller Voraussicht nach am 18. März als neues Staatsoberhaupt ins Schloss Bellevue einziehen.

Turbulent wird es am 12. Februar also kaum zugehen; ganz anders ist es in den vergangenen Tagen in der SPD gewesen. Und Steinmeier zeigt sich darüber zufrieden: Martin Schulz komme "mit viel frischem Rückenwind aus Brüssel"; deshalb sei er "die richtige Wahl in schwierigen Zeiten". Auch an seinem Nachfolger Sigmar Gabriel mag er keine Zweifel aufkommen lassen. Wer sieben Jahre die SPD angeführt habe und drei Jahre erfolgreich Vizekanzler gewesen sei, der "braucht sicher kein Schulterklopfen von seinem Vorgänger", sagt er. Gabriel werde das "gut machen".

Für Steinmeier wird der Umzug ins Bellevue, wenn alles so kommt, ein weiter Weg gewesen sein. Er wuchs im kleinen Dorf Brakelsiek in Ostwestfalen auf. Seine Mutter arbeitete in einer Fabrik, sein Vater als Tischler. Nach dem Studium promovierte er über "Bürger ohne Obdach". Interessante Vorkenntnisse sind das für einen, der in schwierigen Zeiten Bundespräsident werden möchte.

© SZ vom 27.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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