Verteidigung und Entwicklung:Eins zu eins

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Die SPD feiert es als Erfolg, dass die Ausgaben für zivile Hilfe im gleichen Maß steigen wie die fürs Militär.

Von Mike Szymanski

Union und SPD wollen in der Friedens- und Sicherheitspolitik neue Wege beschreiten. Deutlichster Ausdruck dafür ist der Plan, zusätzliches Geld in dieser Legislaturperiode gleichermaßen für Verteidigung und Entwicklungshilfe auszugeben. Die Ausgaben sollen im Verhältnis "eins zu eins" aneinander gekoppelt werden. Für jeden zusätzlichen Euro für die Verteidigung investiert die Bundesregierung auch einen Euro in Krisenprävention, Entwicklungs- und humanitäre Hilfe.

Zwar freuen sich Hilfsorganisationen darüber,dass die Bundesregierung bei der Konfliktbewältigung auch im Zivilen mehr Engagement zeigen will. Aber die direkte Verbindung der Etats stößt bei ihnen auf Kritik. Schwer damit tut sich die kirchliche Organisation "Brot für die Welt". Deren entwicklungspolitischer Beauftragter Thilo Hoppe sagte der Süddeutschen Zeitung: "Es ist nicht automatisch ein Erfolgsmerkmal, wenn mehr Geld für Verteidigung ausgegeben wird." Das Junktim sei inhaltlich kaum zu begründen. "Wir als kirchliche Hilfsorganisation wünschen uns eher Signale der Abrüstung." Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen, die aus Protest gegen den Flüchtlingsdeal zwischen der EU und der Türkei auf Zuschüsse von EU-Institutionen und aus EU-Ländern verzichtet, sieht die humanitäre Arbeit bedroht. "Wir können nur dann unsere Arbeit sinnvoll machen, wenn klar ist, dass unsere humanitäre Hilfe nicht Teil etwa von Sicherheitspolitik ist", sagt Philipp Frisch, Leiter der Teams für humanitäre Fragen bei Ärzte ohne Grenzen Deutschland. "Diese Art von Verzahnung, die auch der Koalitionsvertrag vorsieht, hat das Potenzial, unsere Glaubwürdigkeit zu untergraben und unsere Arbeit zu gefährden."

Dem Passus im Koalitionsvertrag war ein Streit zwischen Union und SPD vorausgegangen. Vor allem die CSU pochte darauf, die Rüstungsausgaben anzuheben. Die Nato-Länder hatten sich zum Ziel gesetzt, bis 2024 eine Anhebung der Wehrausgaben auf zwei Prozent ihres jeweiligen Bruttoinlandsprodukts anzustreben. Deutschland droht sogar, wegen der anhaltend guten wirtschaftlichen Entwicklung sich weiter von diesem Ziel zu entfernen, wenn nicht deutlich mehr in die Bundeswehr investiert wird. Bei der Entwicklungshilfe ist die Lage ähnlich. Derzeit erfüllt Deutschland die angestrebte Quote von 0,7 Prozent nicht, Tendenz - angesichts der guten wirtschaftlichen Lage - ebenfalls fallend. Die SPD feiert es als Erfolg, dass im Koalitionsvertrag nun der Entwicklungshilfe andere Bedeutung beigemessen werde. Die Grünen-Politikerin Agnieszka Brugger beklagt dagegen ein "nach wie vor großes Missverhältnis zwischen militärischen und zivilen Ausgaben." In der Rüstungsexportpolitik verständigten sich Union und SPD auf eine restriktivere Praxis. Die Richtlinien aus dem Jahr 2000 sollen überarbeitet werden.

© SZ vom 08.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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