Vergewaltigung:Nein! Nein? Nein!

Das verschärfte Strafrecht ist nicht ausreichend durchdacht.

Von Heribert Prantl

Die verschärfende Reform des Sexualstrafrechts gehe nicht weit genug, sagen die einen. Sie haben recht. Die Reform des Sexualstrafrechts gehe zu weit, sagen die anderen. Sie haben auch recht. Es können doch nicht beide recht haben? Doch. Die Bewertung hängt nämlich davon ab, welche Funktion man dem Strafgesetz beimisst. Ist es ein Instrument der gesellschaftlichen Bewusstseinsbildung, also ein Mittel der strafbewehrten Pädagogik? Oder ist es dafür da, Opfer effektiv zu schützen und die Rechte von Beschuldigten zu sichern?

Wenn das Strafgesetz vor allem für Bewusstseinsbildung da ist, geht das neue Vergewaltigungsrecht einen Schritt in die richtige Richtung, aber nicht weit genug. Dann muss nämlich, ohne jede Ausnahme, ein einziges Nein genügen, um die Tat zur Straftat, zum Verbrechen zu machen. So ist es Recht. Die Frage ist nur, ob und wie das vor Gericht praktizierbar ist. Stützt sich das Gericht bei der Verurteilung zu fünf Jahren Haft allein auf die Aussage der Frau? Oder spricht es den Mann frei, weil deren Aussage allein nicht reicht? Ein pädagogisches Strafrecht verschiebt also die Probleme in die Beweisaufnahme vor Gericht. Das ist heikel. Denn die Beweiswürdigung ist die Crux des Strafprozesses; sie sei "frei" heißt es im Gesetz; wie das geht, wird nirgendwo gelehrt. Echter Opferschutz geht so nicht.

Der Gesetzgeber sollte noch einmal neu nachdenken.

© SZ vom 17.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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