Verdi-Bundeskongress:Bsirske, die fünfte

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Verdi hat ihren Chef im Amt bestätigt. Der zuvor prognostizierte Aufstand ist ausgeblieben. Und Bsirske selbst machte ein Versprechen.

Von Detlef Esslinger, Leipzig

Frank Bsirske bleibt nochmals für vier Jahre an der Spitze von Verdi. Er wurde am Dienstag auf dem Bundeskongress der Gewerkschaft in Leipzig mit 88,5 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Für Bsirske ist es die fünfte Amtszeit. Er führt Verdi, seit die Gewerkschaft im Jahr 2001 als Zusammenschluss aus fünf anderen Gewerkschaften gegründet wurde.

Bsirske erhielt 801 von 905 Stimmen, 104 Delegierte stimmten gegen ihn. Das Ergebnis ist zwar etwas schlechter als vor vier Jahren. Damals kam er auf 94,7 Prozent. Dennoch hatte sich abgezeichnet, dass er erneut mit einem ordentlichen Ergebnis würde rechnen können. Dass er mittlerweile 63 Jahre alt ist und zum Ende seiner neuen Amtszeit folglich 67 sein wird, war nur kurz ein Thema. Ein Delegierter fand, es müsse zumindest eine Diskussion geben, ob eine Gewerkschaft, die gegen die Rente mit 67 kämpft, für ihren eigenen Chef eine Ausnahme machen will.

Bsirske entgegnete, er sei zwar dagegen, dass Arbeitnehmer bis zum 67. Lebensjahr arbeiten müssten - nicht aber dagegen, dass sie so lange arbeiteten, falls sie dies wollten. Er kündigte an, dies werde seine letzte Amtsperiode sein. "Und es ist doch völlig klar, dass ich es mit als meine Aufgabe ansehe, für eine gute Nachfolge zu sorgen."

Als mögliche Nachfolger gelten seine Stellvertreter, Andrea Kocsis und Frank Werneke. Beide wurden am Dienstag wiedergewählt, beide mit noch besseren Ergebnissen als Bsirske. Werneke (48), der unter anderem für die Finanzen der Gewerkschaft sowie die Branchen Druck und Medien zuständig ist, kam auf 92,7 Prozent. Kocsis (50), die Verdi im Postkonflikt vertrat, erzielte 90,2 Prozent.

Nur knapp gelang dem Vorstandsmitglied Eva Welskop-Deffaa die Wiederwahl. Sie gehört dem Vorstand auf dem CDU-Ticket an, ist erst seit 2010 Mitglied von Verdi, und ihr wurde unter anderem in der Debatte zum Vorwurf gemacht, die Gewerkschaft "nicht mit der Muttermilch aufgesogen zu haben". Bsirske verschaffte ihr womöglich die Stimmen, die ihr zur knappen Mehrheit verhalfen, mit dem Hinweis, Verdi brauche auch Aktive "mit einer anderen Sozialisation". Welskop-Deffaa erzielte 56,9 Prozent. Entgegen mancher Prognosen war im Laufe der Debatten deutlich geworden, dass die etwas mehr als 900 Delegierten nicht auf größeren Krawall erpicht waren. Mehrere Redner gaben zu erkennen, dass sie dem Vorstand dessen Zustimmung zum Schlichterspruch im Kita-Konflikt Ende Juni vorerst nicht übel nehmen. Sie setzen nun darauf, dass die Unterhändler der Gewerkschaft bei den neuen Verhandlungen in der kommenden Woche Verbesserungen heraushandeln werden. Etwaigem Unmut über das Ergebnis im Postkonflikt begegneten vor allem Bsirske und Kocsis offensiv. Die Gewerkschaft habe dort mehr Ziele erreicht als verfehlt. Viele befristet Angestellte bei der Post erhielten nun einen unbefristeten Vertrag, die Paketzusteller müssten nun keine Angst mehr haben, in Billig-Gesellschaften verlagert zu werden, hatte Bsirske zum Beispiel gesagt.

© SZ vom 23.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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