Verdacht der Steuerhinterziehung:Bayerns oberster Datenschützer lässt Amt ruhen

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Der bayerische Datenschutzbeauftragte Karl Michael Betzl lässt sein Amt vorläufig ruhen: Grund ist der Verdacht auf Steuerhinterziehung. Steuerfahnder haben bereits sein Haus und seine Diensträume durchsucht.

Barbara Vorsamer

Bayerns Datenschutzbeauftragter Karl Michael Betzl ist in den Verdacht der Steuerhinterziehung geraten. Wie Landtagspräsident Alois Glück inzwischen bestätigt hat, durchsuchten Steuerfahnder am Dienstag dessen Haus und Diensträume. Wegen der Vorwürfe lässt Betzl sein Amt vorläufig ruhen. Glück betonte, wie für jeden Staatsbürger gelte auch für Betzl die Unschuldsvermutung.

Steuerfahnder sollen das Haus des bayerischen Datenschutzbeauftragten, Karl Michael Betzl, durchsucht haben. (Foto: Foto: dpa)

Betzls Name soll auf der DVD aus Liechtenstein auftauchen, die Grundlage der aktuellen Ermittlungen gegen deutsche Steuersünder ist und für die der Bundesnachrichtendienst (BND) 4,2 Millionen Euro bezahlt haben soll. Ebenfalls pikant: Betzls Frau soll Informationen der Münchner Abendzeitung zufolge ebendort, beim BND, unter dem Decknamen Melanie Rengstorf arbeiten.

Der deutschlandweite Skandal um Steuerhinterziehungen hat damit auch den Bayerischen Landtag erfasst. Als bayerischer Beauftragter für Datenschutz ist Betzl dem Parlament zugeordnet. Glück hat angekündigt, den Ministerialdirigenten heute vorzuladen und zu den Vorwürfen befragen. Das Landesamt für Datenschutz verwies alle Anfragen an den Landtag.

"Kein Kommentar"

Betzl wolle die Vorwürfe gegen sich bisher nicht kommentieren. Auf die telefonische Konfrontation mit den Vorwürfen soll er der Abendzeitung zufolge mit "Kein Kommentar" geantwortet und aufgelegt haben. Auch die zuständige Staatsanwaltschaft Bochum äußerte sich bisher nicht.

Mit Finanzen kennt sich der Datenschutzbeauftragte aus: Seine Beamtenkarriere begann 1974 im Finanzministerium. Danach arbeitete er unter anderem im Außendienst der Bayerischen Landesbank und 24 Jahre lang als Justiziar des Bayerischen Landtags.

Im Februar 2006 wählte ihn der Bayerische Landtag mit 108 von 147 Stimmen zum Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz. Als solcher genoss der promovierte Jurist und Diplomkaufmann einen ausgezeichneten Ruf, galt als patent und intelligent. "Einen langen Atem und viel Fingerspitzengefühl" attestierte ihm die Bayerische Staatszeitung zu seinem Amtsantritt. Er selbst sagte damals: "Mit dem neuen Job kann man sich nicht sehr viele Freunde machen, aber vielleicht Respekt verschaffen."

Er kündigte damals an, gegen die bei der CSU hochgehaltene Maxime zu kämpfen, dass man es mit dem Datenschutz nicht übertreiben muss, weil der gesetzestreue Bürger vom Staat nichts zu befürchten habe. Das, so Betzl, sei die "falsche Einstellung".

"Ich möchte gerne, dass die Leute sagen: My home is my castle, mein Zuhause ist mein Reich - und das geht den Staat nichts an. Und wenn du, Staat, etwas darüber wissen willst, dann musst du schon eine wirklich gute Begründung dafür haben", sagte der gebürtige Schwabe vor seinem Amtsantritt.

In einem Interview im Jahr 2006 mit der Süddeutschen Zeitung betonte er, dass immer neue Methoden der Datenerfassung zwar Fahndungserfolge bringen können - doch man müsse sich fragen, "ob man das will. Ich meine: In einer Gesellschaft mit 80 Millionen Menschen ist ein gewisser Bodensatz an Kriminalität unvermeidlich. Wenn man diesen wirklich auslöschen wollte - was heute technisch möglich wäre -, müsste man ins Unendliche gehende Freiheitseinschränkungen hinnehmen."

Betzl und das Steuerrecht

So wandte sich Betzl in seinen beinahe zwei Jahren im Amt immer wieder öffentlichkeitswirksam gegen die Überwachung durch das Lkw-Mautsystem, sprach sich gegen eine generelle Erlaubnis von Online-Durchsuchungen aus und äußerte sich besorgt über Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen.

Auch zum Steuerrecht äußerte sich der Datenschützer einmal: Vor einem Jahr hat er in einem Bericht eine Vereinfachung des deutschen Steuerrechts gefordert: "Je stärker auf die Einzelfallgerechtigkeit ausgerichtet das Rechtssystem ist, desto komplizierter wird es und desto mehr Kontrollen sind beispielsweise in den Bereichen Steuern, Abgaben und staatliche Leistungen erforderlich", schrieb er in einem Tätigkeitsbericht. Hier könnten mit Pauschalierung sehr viele Gängeleien verhindert werden, schrieb Betzl der Abendzeitung zufolge.

Als oberster bayerischer Datenschützer kämpfte Betzl unermüdlich für den Erhalt der Privatsphäre. Im juristischen Fachjargon heißt das "Recht auf informationelle Selbstbestimmung". Dies wird Betzl nun selbst brauchen können.

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