USA und Iran:Powell: "Die Dinge sind im Fluss"

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Die USA sind offenbar bereit zum Dialog mit Iran. Der US-Außenminister sieht eine neue Haltung in Teheran. Unterdessen verstärkt die Staatengemeinschaft ihre Hilfe in den Erdbebengebieten.

Die USA sind nach den Worten von Außenminister Colin Powell offen für einen Dialog mit Iran. "Die Dinge sind im Fluss und deshalb sollten wir die Möglichkeit eines Dialogs zu einem angemessenen Zeitpunkt in der Zukunft offen halten", sagte Powell der Washington Post in einem am Dienstag veröffentlichten Interview.

Iran, das die USA verdächtigen, nach Atomwaffen zu streben, hatte in diesem Monat nach Vermittlung Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens eingewilligt, seine Atomanlagen unangekündigt überprüfen zu lassen. Außerdem ließ Iran nach dem schweren Erdbeben amerikanische Helfer ins Land, obwohl Washington und Teheran seit mehr als 20 Jahren keine diplomatischen Beziehungen unterhalten.

"All diese Dinge zusammengenommen zeigen, so scheint es mir, eine neue Haltung in Iran im Umgang mit diesen Themen", sagte Powell. Die iranische Regierung sei sich bewusst, dass die Welt zusehe und zum Handeln bereit sei. Die USA aber seien wegen terroristischer Aktivitäten weiter besorgt.

Rettungsteams kehren zurück

Die Washington Post berichtete unter Berufung auf Regierungsvertreter, die US-Regierung überprüfe zum dritten Mal in der Amtszeit von Präsident George Bush ihre Iran-Politik. Ein ranghoher iranischer Vertreter sagte der Zeitung, wenn Washington die Lage realistischer beurteile, dann sei Iran zu Gegenleistungen bereit.

Die USA vertreten gegenüber Teheran eine härtere Linie als viele ihrer Verbündeten. Im vorigen Monat hatten sie sich nicht mit der Forderung durchsetzen können, dass sich der UN-Sicherheitsrat mit dem iranischen Atomprogramm befasst.

Nach dem Erdbeben im Südosten Irans sind aus den Trümmern der Stadt Bam und der umliegenden Dörfer bis Dienstag bereits 28000 Tote geborgen worden. Die meisten Rettungsteams gaben die Suche nach Überlebenden inzwischen auf und konzentrierten sich auf die Versorgung der Überlebenden, wie UN-Koordinator Ted Peran mitteilte.

Dem entsprechend wurden die Lieferungen von Hilfsgütern verstärkt. Es wurde nicht ausgeschlossen, dass die Zahl der Toten bis auf 40.000 steigen könnte.

"Es gibt immer noch Hoffnung, weitere Überlebende zu finden, aber das Zeitfenster schließt sich jetzt sehr schnell", sagte Peran. Experten zufolge liegt die Überlebensspanne von Verschütteten in der Regel bei 72 Stunden. Da viele der Lehmhäuser bei dem Erdbeben völlig zerfielen, bestand von Anfang an wenig Hoffnung, dass in den Trümmern genügend Hohlräume zum Atmen blieben.

Neben anderen Staaten verstärkten auch die USA ihre humanitäre Hilfe. Ein amerikanisches Militärflugzeug landete am Dienstagmorgen in Kerman, gegen Mittag trafen die 80 Helfer mit medizinischen Versorgungsgütern im 200 Kilometer entfernten Bam ein. Die USA gehörten neben den Nachbarländern am Golf zu den großzügigsten Helfern, erklärte ein Sprecher der Provinzregierung.

Die deutschen Rettungsteams des Technischen Hilfswerks THW, der Malteser und des Bayerischen Roten Kreuzes verließen unterdessen das iranische Erdbebengebiet. Sie flogen am Dienstag mit einer Chartermaschine direkt vom Flughafen der zerstörten Stadt Bam ab.

Für den Abend wurde die Ankunft in Frankfurt erwartet. Die Suche nach Überlebenden war am Montag abgebrochen worden. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) will indes in den nächsten Tagen seine Unterstützung im Katastrophengebiet verstärken. DRK-Präsident Rudolf Seiters erklärte am Dienstag, die Hilfe werde Monate, wenn nicht Jahre dauern.

Die sechs Staaten des Golf-Kooperationsrats sagten Iran Finanzhilfen im Gesamtwert von umgerechnet 320 Millionen Euro zu. Damit solle Bam wiederaufgebaut werden. Der geistliche Führer Irans, Ajatollah Ali Chamenei, versprach für den Wiederaufbau eine Soforthilfe von etwa 100.000 Euro.

© SZ vom 31.12.2003 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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