US-Truppen in Grafenwöhr:Üben für den Krieg der Zukunft

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Die USA investieren 630 Millionen für den Ausbau des Truppenübungsplatzes in Grafenwöhr - eine der größten militärischen Investitionen der Amerikaner in Europa.

Von Rolf Thym

Grafenwöhr - Hochrangige Offiziere der US-Armee geben gelegentlich mehr oder minder verschlüsselte Hinweise, wenn sie ihren obersten Vorgesetzten in Washington nicht vorgreifen, aber dennoch deutlich machen wollen, was da kommen wird.

So war es am 26. Mai, als Edward M. Kane, Stabschef des Trainingskommandos der 7. US-Armee, im oberpfälzischen Grafenwöhr eine kleine Metalltafel enthüllte, die an den Baubeginn einer der größten militärischen Investitionen der Amerikaner in Europa erinnern soll.

Der Grafenwöhrer Truppenübungsplatz - das größte europäische Trainingsgelände der US-Streitkräfte - sei "ein dauerhafter Militärstandort der Zukunft", der "auf der Welt unerreicht" und "weiterhin von unschätzbarem Wert" sei, sagte Kane.

Dann, in der ersten Augustwoche, berichtete die bayerische Staatskanzlei von einem Gespräch des Oberkommandierenden der US-Landstreitkräfte in Europa, Burwell B. Bell, mit Ministerpräsident Edmund Stoiber: Es bleibe dabei, so wurde Bell zitiert, dass aus dem US-Staatshaushalt 630 Millionen Dollar für den Ausbau Grafenwöhrs locker gemacht werden.

Schließlich habe das riesige Trainingsareal eine enorme Bedeutung für die US-Armee. Stoiber zeigte sich hoch erfreut über "den gewaltigen Schub", den die Investition für die örtliche Wirtschaft bringen werde.

Dabei hatten noch vor gut eineinhalb Jahren einige von Stoibers Kabinettsmitgliedern und CSU-Mandatsträger geunkt, die Grafenwöhrer Milliardeninvestition könne an der strikten Weigerung der Bundesregierung scheitern, deutsche Soldaten für den Irak-Feldzug der Amerikaner zu entsenden.

Die US-Regierung hält dennoch offensichtlich an Grafenwöhr fest: Am vergangenen Wochenende meldete die für gewöhnlich gut informierte amerikanische Soldatenzeitung Stars and Stripes, dass sich die Präsenz von US-Truppen in Deutschland künftig auf den rheinland-pfälzischen Luftwaffenstützpunkt Ramstein und auf Grafenwöhr konzentrieren werde.

Während nun an zahlreichen deutschen US-Standorten nach den noch nicht detaillierten Rückzugs-Ankündigungen von Präsident George W. Bush die Furcht davor umgeht, dass mit den GIs eine gehörige Menge an Kaufkraft und Aufträgen verschwindet, können die Oberpfälzer nach Lage der Dinge zufrieden sein.

Zusätzlich zu den angekündigten 630 Millionen Dollar (etwa 512 Millionen Euro) aus dem US-Haushalt für den Ausbau der Trainingseinrichtungen und den Bau einer "New Town" genannten Kleinstadt mit Wohnungen, Supermärkten, Kirche und Sportplätzen sollen vorwiegend deutsche Investoren für etwa 500 Millionen Euro 800 Wohnungen bauen, die über die Bundesvermögensverwaltung an US-Soldaten und deren Angehörige vermietet werden.

Nach den Planungen des US-Militärs wird bis zum Jahr 2008 eine bislang an den hessischen Standorten Gießen und Friedberg untergebrachte Brigade mit 3400 Soldaten und 5000 Familienmitgliedern nach Grafenwöhr umziehen. Dort sind - die benachbarten Übungsplätze Hohenfels und Vilseck eingeschlossen - bereits 6100 Soldaten mit 7200 Angehörigen stationiert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die US-Armee den zuvor von der Wehrmacht genutzten Verbund von Übungsplätzen mit einer Gesamtgröße von 37 000 Hektar. Mit modernster, von Satelliten und Lasern unterstützter Elektronik können in Grafenwöhr die Kriege der Zukunft geübt werden - an riesigen Bildschirmen wie auch im Gelände.

Offiziere schwärmen von den "idealen und realistischen Bedingungen", welche die Übungsplätze mit ihren fast steppenartigen Brachen, ihren Mooren und dichten Wäldern bieten.

Auch ohne die angekündigten gigantischen Investitionen in den Bau von militärischen Einrichtungen und Wohnungen stellen die US-Soldaten in dem strukturschwachen Landstrich einen erheblichen Wirtschaftsfaktor dar: Nach Zahlen der Armee geben die GIs in deutschen Geschäften und Restaurants jährlich etwa 29 Millionen Euro aus. An die 4660 Zivilbeschäftigten werden pro Jahr insgesamt 131 Millionen Euro ausgezahlt.

© SZ vom 17.8.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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