US-Raketenschild:Putin schlägt Bush gemeinsame Militärbasis vor

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Russlands Präsident bewegt sich im Streit um das geplante US-Raketenschild auf die Vereinigten Staaten zu. Putin schlug vor, ein Radarsystem in Aserbaidschan gemeinsam zu nutzen.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat den USA überraschend die Zusammenarbeit bei einem Raketenabwehrsystem in Irans Nachbarland Aserbaidschan vorgeschlagen. Damit könne ganz Europa vor einer Bedrohung geschützt werden, sagte Putin am Donnerstag nach einem Treffen mit US-Präsident George W. Bush am Rande des G-8-Gipfels in Heiligendamm. Die USA müssten somit aus Moskauer Sicht nicht mehr das geplante Raketenabwehrsystem in Mitteleuropa aufbauen und Russland würde dann weiterhin darauf verzichten, seine Raketen auf konkrete Ziele in Europa zu programmieren.

Heiligendamm: Putin schlägt Bush gemeinsame Militärbasis vor (Foto: Foto: dpa)

Bush nannte das Angebot eine "interessante Idee". Nun sollen bilaterale Arbeitsgruppen der Verteidigungs- und Außenministerien das Thema erörtern.

Erste Stufe des Plans wäre die gemeinsame Nutzung der bereits bestehenden aserbaidschanischen Radaranlage Gabala. Der Aufbau eines automatischen Raketenabwehrsystems sollte nach Vorstellungen Putins nicht sofort erfolgen. Sobald ein Land, zum Beispiel Iran, eine Langstreckenrakete teste, würden dies Russen und Amerikaner mitbekommen.

"Vom ersten Test einer Rakete bis zur Indienstnahme werden mindestens drei bis fünf Jahre vergehen. Diese Zeit reicht, um jedes Raketenabwehrsystem aufzubauen", sagte der Kremlchef. Mit der Annahme des russischen Vorschlags könne man "auch ausschließen, dass Trümmer von Raketen auf europäische Länder fallen, da sie im Meer niedergehen würden", sagte Putin.

Es blieb zunächst offen, ob die mögliche Raketenabwehranlage in Aserbaidschan nach Moskauer Vorstellungen eine russische oder eine gemeinsame sein soll. Die noch im Kalten Krieg 1985 gebaute Radarstation Gabala wird derzeit von Russland bei Aserbaidschan gemietet. "Ich habe gestern mit dem aserbaidschanischen Präsidenten darüber gesprochen. Sein Einverständnis würde es uns erlauben, die Station gemeinsam zu nutzen", sagte Putin.

US-Sicherheitsberater Stephen Hadley sagte, für die USA sei wichtig, dass damit Putin die Notwendigkeit eines Abwehrsystems grundsätzlich akzeptiere. "Der russische Präsident sagte zum US- Präsidenten, dass sie eine potentielle Gefahr anerkennen, und dass wir einen Dialog über die Natur der Gefahr brauchen". Russland hatte bislang jegliche absehbare Raketengefahr für Europa aus Iran verneint und sich durch die amerikanischen Raketenabwehrpläne bedroht gesehen.

Damit ist Putins Vorschlag eine überaus überraschende Wendung. Das Angebot bilde eine "Brücke" über die bisherigen bilateralen Differenzen, sagte der amerikanische Sicherheitsberater. Putin habe gemeinsamen Arbeitsgruppen zugestimmt, die sich mit allen, auch den amerikanischen Vorstellungen über ein Raketenabwehrsystem beschäftigen sollen.

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