US-Raketenabwehr:Militärspiele mit Sprengstoff

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Ein Schild zur Abwehr feindlicher Raketen ist ein alter Traum der US-Militärs. Nun sorgt dieser Traum für realen Unmut: Russland fühlt sich bedroht und auch in Berlin wächst die Skepsis.

Jeanne Rubner

Prag, Warschau und nun Kiew und Berlin: General-Leutnant Henry Obering ist zurzeit viel unterwegs. Der Chef der ,,Missile Defense Agency'', des amerikanischen Raketenabwehr-Programms, tourt durch Europas Hauptstädte, um dort vom Nutzen des Schutzschildes zu überzeugen.

Diese amerikanische Abwehrrakete wurde in New Mexiko getestet. (Foto: Foto: dpa)

In Tschechien und Polen war er bereits, am Donnerstag, nach seinem Besuch in der Ukraine, wird er im Auswärtigen Amt in Berlin vorsprechen. Gespräche sind dringend nötig, denn die Pläne der USA, in Osteuropa Radar und Raketen zu installieren, drohen den Kontinent zu spalten.

Während die Regierungen in Polen und Tschechien dem US-Vorschlag offen gegenüberstehen, mehren sich in Berlin die kritischen Stimmen.

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) forderte, die Nato in die US-Pläne einzubinden. Bundeskanzlerin Angela Merkel will das Thema bei ihrem Besuch am Freitag in Warschau ansprechen.

"Krieg der Sterne"

Die Raketenabwehr ist ein alter Traum amerikanischer Militärs. Zu Beginn der achtziger Jahre rief Präsident Ronald Reagan die ,,Strategic Defense Iniative'' (SDI) ins Leben.

Unter dem Schlagwort ,,Krieg der Sterne'' sollte ein Abwehrgürtel im Weltraum entstehen. Der stellte sich bald als zu ehrgeizig heraus. SDI schrumpfte zur ,,Missile Defense'', mit dem Ziel, in einem mehrphasigen System einzelne Raketen aus ,,Schurkenstaaten'' abzufangen.

Dazu gehören der Abschuss feindlicher Geschosse durch Laserkanonen an Bord von Flugzeugen, konventionelle Systeme auf Basis von Patriot-Raketen sowie - als Kernstück - bodengestützte Abfangraketen, welche die Feindeswaffe im Weltraum vernichten.

Um diese Abfangraketen geht es bei den US-Plänen für Osteuropa, die jetzt zur Diskussion stehen. Demnach könnten im Jahr 2011 ein knappes Dutzend solcher ,,Interzeptoren'' in Polen sowie zu deren Steuerung eine Radarstation in Tschechien stehen. Die Einrichtungen würden den Schutzschild erweitern, bereits jetzt gibt es Stationen in Alaska, Grönland und Großbritannien.

Putin attackiert den Westen

Anfang Februar hatte Russlands Präsident Wladimir Putin den Westen heftig attackiert. Der Schutzschild sei gegen sein Land gerichtet. Was Henry Obering und Politiker aus dem State Department heftig dementierten. Das System sei allein dazu gedacht, ,,Gefahr aus dem Mittleren Osten'', sprich Iran, abzuwenden.

Fachleute sehen auch nicht zwangsläufig eine neue Rüstungsspirale in Gang kommen, vor der Putin warnte. Es sei nicht offensichtlich, dass Russland sich bedroht fühlen müsse, sagt Bernd. W. Kubbig von der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung.

Putin dürfte auch aus politischen Gründen gegen die US-Pläne wettern. Kubbig und andere Fachleute verweisen vor allem darauf, dass das System technisch nicht ausgereift sei. ,,Wenn das ein Auto wäre, hätte es höchstens drei Räder'', spottet Kubbig.

© SZ Primetime vom 13.03.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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