US-Armee im Irak:Mission impossible

Lesezeit: 2 min

Vor einem Jahr erklärte George W. Bush bei seiner Piloten-Show auf der "USS Abraham Lincoln", die Hauptkampfhandlungen im Irak seien beendet. Ein riesiges Plakat verkündete gar: "Mission vollendet". Das könnte angesichts der Lage in dem besetzten Land zur Retourkutsche im Wahlkampf werden.

"Mission erfüllt" - dieser Slogan prangte auf einem riesigen Transparent an Bord des Flugzeugträgers, auf dem der Präsident in Fliegermontur die Schultern von Soldaten klopfte.

Angesichts der unauffindbaren Massenvernichtungswaffen, der mit neuer Heftigkeit aufgeflackerten Kämpfe, der inzwischen mehr als 700 toten US-Soldaten und der weiter ungeklärten Zukunft des Irak, so die Kritik, wirkt Bushs Top-Gun-Aufritt im Rückblick wie eine Farce.

Besonders das vielzitierte Transparent erscheint poltischen Gegnern wegen der noch lange nicht "erfüllten Mission" im Zweistromland heute wie blanker Hohn.

Zwar wird dem Bush-Team selbst von Gegnern bescheinigt, die Medien oftmals brilliant zu instrumentalisieren. Grundlage dieser PR-Strategie sei die Erkenntnis, dass das Publikum von den Auftritten des Präsidenten nur "Fetzen" auffange, sagt James Pfiffner, Politologe an der George Mason University in Alexandria bei Washington. Dadurch werde der Inhalt der Reden weniger wichtig als die visuelle Inszenierung.

Nachträglich kontraproduktiv

Doch beim Auftritt auf der "Abraham Lincoln" am 1. Mai 2003 erwies es sich als nachträglich kontraproduktiv, dass gegen die spektakulären Bilder die Rede nicht zur Geltung kam: Denn darin warnte Bush durchaus, dass im Irak noch "schwierige Arbeit" zu erledigen sei und der Übergang "von der Diktatur zur Demokratie" seine Zeit brauche.

Gestritten wurde seither viel über die Hintergründe der Inszenierung - etwa darum, wer für das Großtransparent verantwortlich war. Bush versuchte sich damit herauszureden, dass das Plakat nicht vom Weißen Haus, sondern von der Marine aufgehängt worden sei.

Sein Sprecher Scott McClellan gab allerdings zu, dass das Weiße Haus involviert war, indem es das Plakat auf Wunsch der Marine anfertigen ließ. Aus den Reihen der oppositionellen Demokraten kam zudem der - vom Weißen Haus nie dementierte - Vorwurf, die Ankunft des Schiffes im Hafen von San Diego sei absichtlich verzögert worden, um die PR-Show zu ermöglichen.

Die neu aufgelegten Vorwürfe, Bush habe sich als junger Mann durch Dienst in der Nationalgarde gezielt vor dem Einsatz in Vietnam gedrückt und diesen Dienst dann zudem schleifen lassen, machen den Auftritt noch mehr zur unfreiwilligen Satire. Für den hoch dekorierten Vietnamveteranen Kerry handelt es sich denn auch um ein gefundenes Fressen. Im Gegensatz zu Bush verstehe er "wirklich etwas von Flugzeugträgern", pointiert der Senator seine Selbstdarstellung.

Kaum Vorteile für Kerry

Und dennoch hat Kerry von der "unerfüllten Mission" im Irak bisher noch nicht so richtig profitieren können: Weiterhin wird dem Präsidenten in Umfragen die größere Kompetenz in der Sicherheitspolitik bescheinigt.

Sollte sich die Lage im Irak in den sechs Monaten bis zur Präsidentenwahl am 2. November jedoch weiter dramatisch verschlimmern, könnte die Flug-Show vielleicht doch noch zu einem wirkungsvollen Wahlkampfinstrument für den Herausforderer werden.

Der Politologe Larry Sabato von der University of Virginia geht jedenfalls davon aus, dass die Demokraten die Bilder von der "Abraham Lincoln" erst in der heißen Wahlkampfphase im Herbst so richtig ausschlachten wollen.

Und sollte die Wahl für den Präsidenten verloren gehen, werde die Piloten-Show von einigen im Nachhinein sicher "als der Anfang von Bushs Ende" gesehen. Gewinne er jedoch, bleibe der Aufritt auf der "Abraham Lincoln" nur eine Fußnote - denn dann habe Bush "vier Jahre mehr Zeit, um das Chaos im Irak aufzuräumen", sagt Sabato.

© Daniel Jahn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: