Urteil:Urteil mit Signalwirkung

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Ein 27 Jahre alter Dschihadist aus München muss wegen seiner Beteiligung am islamistischen Terror in Syrien elf Jahre ins Gefängnis.

Ein junger Münchner muss wegen seiner Beteiligung am islamistischen Terror in Syrien elf Jahre in Haft. Das Oberlandesgericht München verurteilte ihn am Mittwoch wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, versuchten Mordes und Beihilfe zum versuchten Mord. Die Bundesanwaltschaft hatte eine Verurteilung wegen Mordes und dreizehneinhalb Jahre Haft gefordert. Der junge Mann war der erste Syrien-Rückkehrer, der sich wegen Mordes vor einem deutschen Gericht verantworten musste.

Wegen Beteiligung am islamistischen Terror wurde in Deutschland noch keine höhere Haftstrafe ausgesprochen. "Ich gebe zu, sie sind hart, sie sind aber nicht zu hart", sagt Richter Manfred Dauster über die elf Jahre Haft. "Das ist nicht der Ausflug ins Landschulheim."

Der 27-jährige Harun P. hatte gestanden, in einem islamistischen Terrorcamp ausgebildet worden zu sein. Er gab im Prozess zu, beim Sturm von Terroristen auf das Zentralgefängnis von Aleppo, bei dem laut Bundesanwaltschaft fünf Gefangene und zwei Aufseher ums Leben kamen, eine Mörsergranate abgefeuert zu haben.

Für seine Aussagen wird Harun P. von Islamisten offen angefeindet

Der Sohn afghanischer Einwanderer hatte sich nach anfänglichem Zögern umfangreich zu den Vorwürfen geäußert und auch in anderen Prozessen gegen mutmaßliche Terroristen ausgesagt. Den Salafismus bezeichnete er als "Gehirnwäsche". Für seine Redebereitschaft wird er inzwischen von Islamisten offen angefeindet, er gilt als Verräter. Die Bundesanwaltschaft gab gleichwohl zu bedenken, sie könne nicht recht verstehen, was diese Wandlung des jungen Mannes ausgelöst habe. Wegen seiner Aussagebereitschaft einigte sich der Senat mit den Prozessbeteiligten auf einen Deal mit einem Strafrahmen von 10 bis 14 Jahren. Die Verteidigung hatte zehn Jahre für ausreichend gehalten. "Sie haben durch Ihre Angaben, die unter schwierigen Bedingungen stattfanden, Aufklärungshilfe geleistet, wie wir es bisher von einem Angeklagten noch nicht erlebt haben", sagt Dauster. Ohne seine Aussagen hätte er lebenslang zu erwarten gehabt. Mit Mitte 30 kann Harun P. nun womöglich wieder ein freier Mann sein. Sowohl die Bundesanwaltschaft als auch die Verteidigung werteten das Urteil als eines mit Signalwirkung: Wer sich am islamistischen Terror beteiligt, muss mit harten Strafen rechnen und kann bei Reue gleichzeitig auf rechtsstaatliche Milde hoffen.

© SZ vom 16.07.2015 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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