Urteil:NRW-Haushalte waren verfassungswidrig

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Die nordrhein-westfälischen Landeshaushalte der Jahre 2001 und 2002 waren verfassungswidrig. Das hat der Verfassungsgerichtshof Münster entschieden. Die CDU-Landtagsfraktion, die geklagt hatte, sieht sich bestätigt und spricht von einer schweren persönlichen Niederlage für Ministerpräsident Peer Steinbrück.

Um einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können, habe der damalige Finanzminister und jetzige Ministerpräsident Peer Steinbrück Rücklagen verwendet, die zuvor mit Krediten finanziert worden seien, erklärte das Gericht.

Darin sahen die Richter einen Verstoß gegen die Kreditbegrenzungsregelung und das Wirtschaftlichkeitsgebot der Landesverfassung.

Indem Steinbrück kreditfinanzierte Rücklagen eingeplant habe, sei die Kreditobergrenze zwar rein rechnerisch eingehalten worden. Faktisch habe die Höhe der Neuverschuldung aber über der Höhe der Investitionen gelegen, was nach der Landesverfassung rechtswidrig ist.

Außerdem habe der damalige Finanzminister eine Neuverschuldung in Kauf genommen, die durch keinen aktuellen Ausgabenbedarf gedeckt gewesen sei, urteilte das Gericht. Damit sei der Landeshaushalt unnötig belastet worden.

Der heutige nordrhein-westfälische Finanzminister Jochen Dieckmann erklärte in einer ersten Stellungnahme, das Gericht habe mit der Entscheidung Neuland betreten.

Auf Grund der massiven Einnahmeausfälle bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer sei es nötig gewesen, Reserven in Form von Rücklagen zu bilden. Er bedauere, dass nach der Entscheidung "eine Rücklagenbildung so nicht mehr möglich ist".

Man müsse nun prüfen, ob sich die Entscheidung auf die Vorsorge für andere absehbare Belastungen - etwa die Pensionslasten - auswirke.

Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Edgar Moron, wies darauf hin, dass die Richter ein Verfahren für rechtswidrig erklärt hätten, das in mehreren Bundesländern seit Jahren geübte Haushaltspraxis sei.

Das Land werde das Urteil bei der Aufstellung der kommenden Haushalte strikt beachten. Konsequenzen für die anstehenden Haushaltsberatungen habe das Urteil nicht, teilte das Finanzministerium in Düsseldorf mit.

Die CDU-Opposition in Düsseldorf hatte die Münsteraner Richter im Juni angerufen. Ihr Fraktionschef Jürgen Rüttgers wertete das Urteil als "schwere persönliche Niederlage für den Ministerpräsidenten".

Nach Auffassung des Fraktionschefs der Landes-FDP, Ingo Wolf, war die Verfassungswidrigkeit des Haushalts "kein Betriebsunfall, sondern Folge vorsätzlichen Handelns wider besseres Wissen".

Der Bund der Steuerzahler forderte die Landesregierung auf, "mit der Verschleierung der wahren Haushaltslage" Schluss zu machen. (Aktenzeichen: VerfGH 6/02)

(sueddeutsche.de/AP)

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